Dampfpflug

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Inhaltsverzeichnis

Verwendung von mit Dampf betriebenen Pflügen

Sehr interessanter Rückblick zur Landwirtschaft im 16. Jhd.

Schlesische Landwirtschaft am Beispiel Schebitz

Wohlhabende Bauernwirtschaft in Kampitz

Bauern, Gärtner und Häusler in Schlesien

Die Entwicklung des Dampfpfluges für die Landwirtschaft

Will man über die Entwicklung einer Maschine sprechen, ist man natürlich gehalten, auch über die Anfänge zu berichten. Das Prinzip einer Dampfkraftmaschine geht auf einen französischen Glaubensflüchtling zurück, der in der Zeit von 1647 bis 1712 gelebt hat. Landgraf Karl von Hessen-Cassel berief den Franzosen Denis Papin als Professor für Mathematik an die Landesuniversität zu Cassel. Dieser beschäftigte sich nicht nur mit dem Studium der Medizin, sondern auch mit physikalischen Experimenten über den Dampfdruck. Im Jahr 1680 veröffentlichte er eine Arbeit über die Konstruktion einer Dampfmaschine, in der er als erster die Nutzung von Zylinder und Kolben bei der Dampfkraft vorschlug. 1712 starb Papin unbekannt und verarmt in London.

Die Idee der Dampfkraft lebte jedoch weiter. Es war aber nicht James Watt, der die Nutzung der Dampfmaschine vorantrieb, sondern der englische Eisenwarenhändler Thomas Newcomen (1663-1729). Er entwickelte 1712 die erste leistungsfähige Dampfmaschine nach dem Papin´ schen Prinzip, also mit einem Zylinder und einem Kolben. Die Weiterentwicklung der Papin´schen Dampfmaschine läutete in England einen wirtschaftlichen Aufschwung ein. Erst James Watt (schottischer Mechaniker) entdeckte, dass eine effizientere Nutzung dieser Dampfzylindermaschine möglich war, wenn mit einer zweiten die Abkühlphase des Wasserdampfes ebenfalls genutzt wurde. Mit einer Änderung in der Antriebstechnik wurde die Vor- und Rückbewegung des Kolbens in eine Rotationsbewegung umgewandelt. Erst jetzt war es möglich, über eine Welle eine Kreiselbewegung zu erzeugen. Die Entwicklung dieser Maschine ermöglichte nunmehr über Transmissionsriemen den Antrieb von weiteren Maschinen, z.B. eines Pfluges.

Einsatz von Dampfmobilen in der Landwirtschaft Etwa 1860 begann die technische Revolution in der Landwirtschaft. Bis dahin wurde die vorhandene Arbeitskraft von Tieren (Ochsen, Pferden) und auch von Menschen genutzt. Die gezogenen Pflüge konnten aufgrund der vorhandenen Arbeitskraft den Boden nur oberflächlich bearbeiten. Den Pflug in tiefere Schichten des Bodens vordringen zu lassen, dafür fehlte die Kraft. Erst mit Einsatz des mit Dampf betriebenen Pfluges war auch das Vordringen in tiefere Bodenschichten möglich.

Als Beispiel für die erzeugte Kraft soll folgender Hinweis aus dem heutigen Niedersachsen gelten:

Die weitere Entwicklung der Dampfpflüge in der Landwirtschaft Norddeutschlands ermöglichte auch die Nutzung von Moorflächen. Mit zunehmender Mächtigkeit des Moores musste immer tiefer gepflügt werden. So entstand schließlich der größte Pflug der Weit, der den Namen ,,Mammut" erhielt. Dieser Pflug hatte gewaltige Ausmaße. Er wog weit über 30 Tonnen und sein Furchenrad besaß einen Durchmesser von 4 m. Mit diesem Pflug war es möglich, Moor mit einer Mächtigkeit von 1,80 m einwandfrei umzupflügen. Dadurch war die Kraft der herkömmlichen Zugmaschinen zu gering. Kommen wir aber zum Einsatz der Dampfpflüge in der Landwirtschaft zurück. In England hatte der Ingenieur John Fowler (1826-1864) maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Dampfpfluges.


Wirkungsweise der ersten mit Dampf betriebenen Pflüge:

Ein Lokomobil (mobile Dampfmaschine) fuhr man an den Feldrand. Über Ankerwagen und Umlenkrollen wurden zwei Seile über das Feld gezogen. Der daran befestigte Pflug konnte mit Hilfe der Dampfkraft über das gesamte Feld gezogen werden. Erst einige Jahre später kam man auf das Doppelmaschinensystem. Zwei Lokomobile standen jeweils am Feldrand auf den gegenüberliegenden Seiten und trieben eine Seilwinde an, die einen Kipp-Pflug hin- und herzog. Auch in Deutschland bestand gerade auf den Großgütern ab 150 ha der Bedarf nach maschineller Hilfe und so konnten sich im deutschen Kaiserreich immerhin 2.239 Betriebe 1907 eine Dampfpfluglokomobile leisten.

Nachteile der mit Dampf betriebenen Pflüge

Ein bedeutender Nachteil war der hohe Preis. Damit war die Nutzung der Lokomobilen durch Kleinbauern praktisch ausgeschlossen. Es sei denn, man schloss sich zu Nutzungsgemeinschaften zusammen, um gemeinschaftlich einen Dampf betriebenen Pflug zu kaufen bzw. zu mieten. Ein weiterer Nachteil war, dass der Pflug nur auf beinahe ebenem Gelände, bzw. maximal leicht welligem Gelände einsetzbar war. Eine Nutzung bei schlechtem Wetter war praktisch ausgeschlossen. Die Nutzung einer so teuren Anlage war nur eingeschränkt möglich.

Preis für eine Dampflokomilanlage

Vor ca. 100 Jahren kostete ein kpl. Dampfpflugapparat etwa 40000 Goldmark. Es gehörten zwei Dampflokomobile dazu, der eigentliche Kipp-Pflug mit bis zu zehn Scharen, ein Wasserwagen und ein Wohnwagen für die Bedienungsmannschaft. Diese setzte sich zusammen aus einem Meister, zwei Maschinisten, dem Pflugsteuermann und einem Koch. Beim Dampfpflug gab es immer einen sehr langen Arbeitstag; das Tageslicht wurde bis zur letzten Minute ausgenutzt. Es gab Tage an denen mehr als 15 ha umgepflügt wurden. Das älteste und zugleich größte Dampfpflug Unternehmen in Deutschland war das der Fa. W. Ottomeyer in Bad Pyrmont, welches 1887 gegründet wurde. Der Transport eines Dampf betriebenen Pfluges erfolgte zur damaligen Zeit ausschließlich auf öffentlichen Straßen, musste aber auch schon in der Anfangszeit von der Polizei begleitet und genehmigt werden. Waren die Entfernungen zu den Arbeitsstellen weiter als 100 km, so wurden die Pfluglokomobile mit der Eisenbahn transportiert.

Ein weiterer Hersteller war die Fa. Kemna mit Sitz in Breslau. Julius Kemna gründete 1867 in Breslau seine Maschinenfabrik. Hier entstanden landwirtschaftliche Geräte wie Häckselmaschinen, Pflüge und Dreschmaschinen. 1870 beginnt Kemna mit dem Vertrieb von Dampfpflügen der englischen Firma Fowler, die führend in der Landmaschinentechnik war. In den Folgejahren begann Kemna, selbst Landmaschinen zu entwickeln. Nach 1885 brachte er einen von ihm entwickelten Dampfpflug auf den Markt. Kemna erkannte bald, dass er mit dem Verkauf der Maschinen nur die Großbauern erreichte. Deshalb vermietete er diese Dampfpflüge einschließlich der dazugehörigen Mannschaft.

Technische Daten einer Dampflokomile, z. B.

Die technischen Daten der Geräte sind auch heute noch beeindruckend: Jede der beiden selbst fahrenden Lokomobile, die die Dampfkraft auf die an der Unterseite befindliche Seilwinde übertrug, ist 3,60 Meter hoch, sie waren etwa 2,50 Meter breit. Die Dampfpflüge waren über acht Meter lang. Sie wogen mit einer Wasserfüllung von 3000 Litern etwa 23 Tonnen. Es wurden etwa 280 PS bei 18 bar Betriebsdruck erzeugt. Aus Sicherheitsgründen wurde der Druck auf 14 bar herabgesetzt, was einer Leistung von 220 PS entsprach. Die Seillänge betrug 300 Meter bei 20 mm Seilstärke. Der zweimal 5-scharige Kipppflug, der zwischen den Dampfmaschinen hin und her gezogen wurde, war 12 Meter lang und hatte ein Gewicht von etwa 5 Tonnen. Die Lokomobile bewegten sich jeweils um die Breite des gepflügten Ackerstückes nach vorn. Der Kohleverbrauch betrug pro Stunde 140 Kilo, sowie ca. 800 Liter Wasser.

Zusammenfassung:

1. Es gab nur sehr wenige Hersteller von mit Dampf betriebenen Pflügen

2. In Deutschland war die Firma Heinrich Lanz, Mannheim und Breslau (Annonce v. 1909) marktführend. Weitere etablierte Hersteller waren Fowler aus England, der seine Produkte über in Deutschland ansässige Firmen vertreiben ließ, die Firma Ottomeyer in Bad Pyrmont und die Firma Kemna in Breslau.

3. Der Transport der Maschinen über Straßen war nur bis zu einer Entfernung von 100 km erlaubt, wenn dieser Transport angemeldet war und von Polizeibeamten begleitet wurde. Das verteuerte den Einsatz der Maschinen enorm. Der Transport über eine größere Entfernung musste mit der Eisenbahn erfolgen.

4. Der Preis für einen mit Dampf betriebenen Pflug war hoch. Bei einer Vermietung des Pfluges waren die Kosten für das Bedienpersonal eingeschlossen.

5. Daraus ergibt sich für den Einsatz der Lokobobilen mit einem Pflug in Niederschlesien, hier insbesondere in Trembatschau:

a) es ist aufgrund der hohen Kosten nach meiner Meinung eher unwahrscheinlich als wahrscheinlich, dass diese Lokomobile von einzelnen Bauern oder Gutsbesitzern gekauft wurden. Der Einsatz der Lokomobile konnte nur auf ebenen Feldern einer entsprechenden Mindestgröße erfolgen. Schlechte Wetterlagen konnten den Einsatz der Lokomobilen unmöglich machen. Wenn aber der Pflug die meiste Zeit des Jahres ungenutzt blieb, dann war ein Kauf unrentabel.

b) Wahrscheinlicher war die Anmietung von Dampflokomobilen, hier war das Betriebspersonal in den Kosten eingerechnet. Während die Arbeit der Pflüge einschließlich des Bedienpersonals mit etwa 40 Goldmark pro Hektar gerechnet wurde, so standen diesem Preis Kosten von ca 31 Mark für die Bewirtschaftung durch eigenen Personal mit Pflug und Pferdegespann gegenüber. Allerdings war die Zeitersparnis beim Dampfpflug enorm.

c) Für die Anmietung eines Pfluges stand um die Jahrhundertwende lediglich die Firma Kemna/Breslau als nächster Lieferant zur Verfügung. Der Transport aus Breslau war einfacher zu bewerkstelligen als der Transport aus Bad Pyrmont von der Firma Ottomeyer. Die nächste Eisenbahnstation war im 8 Kilometer entfernten Perschau.

d) Beweise für die Annahme, die Dampfpflüge werden durch die Firma Kemna, Breslau vermietet, habe ich nicht gefunden. Auch wenn die Anmietung einer Dampfpfluganlage von anderen Unternehmern nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, so ist die Anmietung bei der Firma Kemna aus Breslau wahrscheinlicher als die Anmietung aus Bad Pyrmont. Die geringen Transportkosten sprechen für die Firma Kemna, weil nach erledigter Arbeit die Dampfpflüge in den Nachbarorten weiter eingesetzt werden konnten.

d) Auch die Firma Lanz, hatte eine Filiale in Breslau. Leider sind die bisherigen Forschungsergebnisse noch nicht an dem Punkt, das man den Besitzer oder Nutzer, sowie die Einsatzregion konkret zuordnen kann. Spärliche Erinnerungen einzelner Zeitzeugen lassen den vorläufigen Schluss zu, das eine Lokomobile im Gut Trembatschau stationiert war.

Aus der Verwendung der Lokomobilen entstand durch Weiterentwicklung der Lokomobilen die frühe Generation der Traktoren, hier war die Firma Lanz führend.

Bilder: (evtl. kann hier dem Erinnerungsvermögen auf die Spünge geholfen werden) Dokumente und Bildmaterial wurde uns freundlicherweise von den John Deere Werken, Mannheim zur Verfügung gestellt und unterliegt der Zustimmung für eine Weiterverwendung.

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Trembatschauer Felder?

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