Spaziergang Groß Wartenberg Teil 3

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Wir gehen weiter, überqueren den Ring und kommen in die

Inhaltsverzeichnis

Wilhelmstraße.

Auch da ist die rechte Seite spärlich besetzt. Zuerst treffen wir auf das Häuschen der hochbetagten Witwe Musiol Anna. Benachbart ist der Sattlermeister Johann Sauer. Die folgende Bäckerei von Hermann Walter ist das letzte Haus vor der Mittelgasse. - Auf der anderen Seite das Haus des Fleischermeisters Herbert Liehr, vormals Klich. Daneben Haus und Laden des Schneidermeisters Stenzel, der auch begeisterter Turner war. Eben fällt mir ein, daß wir eine sehr wichtige Ecke bisher vergessen haben; das alte und neue Landratsamt. Beim "alten" muß man daran denken, mit wie wenig "Verwaltung" der alte Kreis auskam, der doch doppelt so groß war als nach dem 1. Weltkriege. Der 1. Stock des Altbaues war das ganz alte Amt samt Dienstwohnung des Landrats; dann war es Katasteramt und nach 1940 das Ernährungs- und Wirtschaftsamt. Erinnern wir uns: Welche Freude lösten die Sonderzuweisungen zu Weihnachten aus! - Im Erdgeschoß wohnte die Familie des Spark. Rendanten Rieger, im Obergeschoß der Spark.-Direktor Bienert, vormals Kellner, sowie die Familie Schön. Das neue Amt daneben war baulich sehr geglückt. Und da es bis zum Dach noch mit selbstklimmendem Wein bewachsen war, bot das Gebäude besonders im Herbst ein herrliches Bild. Geschickt war auch die Sparkasse im Hochparterre untergebracht. Im Hochkeller wohnte die Familie des Hausmeisters Bininda. Direkt an der Wallbrücke war das vom Kreis erworbene Deumlinghaus. In diesem wohnten zuletzt die Familien Mrusek, Mendhenke, Stawitzki, Buchwald, Mohr, Dziekan und Nawroth. Nun zurück zur Wilhelmstraße. Da ist fast unmittelbar an der Stadtmauer das schmucke Haus des Friseurmeisters Kursawe. Erstes Haus am Platze. Auch ein originelles Mangelhäuschen "Die Rolle" gehörte zum Besitz. - Es folgt das Haus Nr. 53, Frau Wiesebrock, Breslau, gehörig. Der ehemalige Brosig'sche Laden stand leer. Bekannte Mieter waren: Witwe Dziekan und Bierfahrer Zupp mit Familie. - Das Haus nebenan war die Rohproduktenhandlung Tauchmann. Der vorherige jüd. Besitzer Silbermann war entschieden bekannter. - Direkt an der Wallstraße steht ein stattliches Wohnhaus, der Uhrmachermeisterwitwe Goebel gehörig. Zur Familie gehören der Spedit.Kaufmann Alfons und Tochter Lenchen. Es wohnten im Hause: Witwe Baer und die Geschwister Neippert, Witwe Berger und Tochter Elsma, unser Pressefachmann Eisert Karl-Heinz mit Familie; im Hinterhaus die Familien Gawol und Müller. - Es folgte das Haus Zimmerling. Er war Schuhmacher, die Frau "Storchentante". Es liegen einige Mieternamen vor, bei denen aber die Namen der Hausbesitzer fehlen. Es sind dies: Görlitz Maria, Plischek Erich und Frau Elisabeth geb. Menzel, Lehrerin Gertrud Hiller. - Unser einziger Seilermeister folgt, es ist Franz Heisig. Mieterin: Schneiderin Hedwig Bininda und Jaletzkw Wilhelm. Das Schuhgeschäft, dem Hausbesitzer Schuhmachermeister Plewa gehörig, folgt. Und daneben das Wohnhaus der Geschwister Pietzonka. Das Haus des Malermeisters Ibsch, wo die "Klara" als Glasermeisterin fungierte, hatte Schneidermeister Doktor (früher Silbermann) erworben. - Wir kommen zur Pfarrgasse und damit zum Haus des Sattlermeisters Paul Pietzonka, das er mit seiner Familie bewohnte. In den Kriegsjahren war die Tochter Maria (Fassunge) in der Kath. Kirche als Orgelspielerin zu sehen und mit ihrer ausgebildeten Stimme gut zu hören. Über der Pfarrgasse treffen wir das Geschäftshaus von Otto Dittrich mit Weinstube, wo der berühmte Roussillion ausgeschenkt wurde. Für andere Gäste war der "Schweidnitzer Keller" da. Auch der jeweilige Kaplan der Kath. Kirchengemeinde wohnte im Hause. Klaus Max, der einzige verbliebene Klempner, grenzte an. Er war Handwerker mit Humor. - Es folgt wieder ein stattliches Haus, das dem Maurerpolier Demny gehörte. Im 1. Stock wohnte lange Jahre der ehemal. Kreisinspektor Lammich mit Familie. Schuhmacher sind nicht grad selten, trotzdem kommt schon wieder einer, nämlich Otto Schipke. Die Eheleute waren bald "Goldene Hochzeiter" und haben's inzwischen auf Diamanten gebracht. Es wohnten dort noch die Familien Kusche und Wollny. Im Nebenhaus betrieb Klara Hilbig ein Textilgeschäft. - Nun kommen wir zum wohl renomiertesten Geschäft der Stadt, der Konditorei Mantel, deren Geschäftsverbindungen sogar bis nach Ansbach - meinem jetzigen Wohnsitz - und ins Ausland reichten. Doch gehen wir mal ins Cafe ... vergleichend wird heute noch mancher Stammkunde sagen: "So gut wie bei Mantel ist der Kuchen nicht!" (Von der Wilhelmstraße haben nur wenige Häuser den Krieg überstanden.)

Wir gehen rechts herum die

Kirchstraße

entlang. Da hängt am Mantelgrundstück das Haus des Kaufmanns Hruschka. Wir überqueren die Wallstraße und stehen vor der Kath. Kirche "St. Peter und Paul", die zur Andacht und Besinnung einlädt. Dieses Gotteshaus ist wohl das älteste Gebäude der Stadt, wurde nach jahrzehntelangem Wiederaufbau im Jahre 1910 restlos fertiggestellt und sieht jetzt wie ein Neubau aus, dem nur der strenge gotische Stil widerspricht. Auch das Innere ist sehenswert, besonders der kunstvolle Flügelaltar mit Darstellungen der Leidenspassion Christi. Hinter der Kirche, inmitten eines großen Gartens, ist das Pfarrhaus. Derzeitiger "Pfarrherr" ist Kurt Nowak, nachdem sein Vorgänger, Pfarrer Schölzel, 1942 auf tragische Weise jung verstarb. Pfarrhelferin war Fräulein Nawroth. Am 56,2 m hohen Glockenturm, der bis zur halben Höhe als ehemal. Wehrturm zu betrachten ist, hatte der Fürstbischöfliche Kommissarius Hahn, der verdienstvolle Restaurator der Kirche, seinen Angehörigen ein Gartenhaus errichtet, das noch von seiner hoch betagten Schwester bewohnt wurde. Auf der linken Seite des Kirchplatzes stand das Kirchendienerhaus. Unten wohnte der Glöckner Jany mit Frau, oben der Lehrer und Kantor Schramm nebst Familie. Gleich dahinter war die Kath. Volksschule, ein Zweckbau mit 8 Klassenräumen, der nach dem großen Stadtbrand von 1813 errichtet worden ist. Wie viele Leser dieser Zeilen haben hier das Grundwissen erhalten und denken jetzt an so manche schöne Erlebnisse der unbeschwerten Kinderzeit zurück ... Lange Jahre war Leiter dieser 7klassigen Lehrstätte Rektor Radler, der, das darf ohne Übertreibung gesagt werden, ein vorbildlicher Pädagoge war. Radler fiel als Offizier in den Kämpfen um Breslau. Gegenüber dem Schulplatz hatte Frau Fleischermeister Klich sich ein Haus gebaut, das sie mit der Familie des Zimmermanns Wolf teilte.

Ev. Schule, Jugendhaus

Jetzt kommen wir zum Komplex Ev. Schule - Jugendhaus - Sportplatz. Das Schulgebäude und die beiden Lehrerwohnhäuser, 1911/12 errichtet, wirkten sehr ansprechend, zumal sie mitten im Grünen lagen. Auch an dieser Stelle wandern die Gedanken zurück. Im 1. Lehrerhaus wohnten Rektor Gregor und Kantor Waetzmann, im 2. Lehrer Stahn und Schulrat Keller. Und schon sehen mir das "Deutsche Jugendhaus", das Turn- und Festhalle mit Bühne sowie die Jugendherberge enthielt, also ein ausgesprochener Mehrzweckbau. In diesem wurden übrigens die ersten Stummfilme vorgeführt. Und wie viele Theaterstücke erfreuten hier die Herzen der Besucher? Ein Gespräch mit Georg Wanzek ist unausbleiblich. Er, eine "Wansener Gurke" (geboren in der Gurkenstadt Wansen), war recht vielseitig: Schuldiener, Herbergsvater, Bademeister und erstklassiger Turner. Seine 3 Töchter haben u.a. auch die letzte Eigenschaft geerbt. Zum Schluß werfen wir noch einen Blick auf das um 1936 erbaute Jugendheim und auf den großen Sportplatz, der in Verbindung mit dem Freibad alle Möglichkeiten der Körperertüchtigung bot. - Die einsam stehende Villa auf der anderen Seite der Straße gehört Dr. med Sitka; sie war wohl der komfortabelste Bau der Stadt. Wir gehen zurück zum Ring und besichtigen die rechte Seite der Friedrichstraße.

Da haben wir gleich zur Rechten den stattlichen Bau des Gasthauses "Zum Deutschen Reich". Auch der Besitzer hieß Reich. Die Witwe leitete das Geschäft trotz ihres Alters (geb. 1876) sehr forsch. Nach meinen Ermittlungen wohnten nur Witwen im Hause, nämlich: Ottilie Semler, Anna Langner und Klara Grätz. Alle sind inzwischen verstorben. Nun kommen zwei Häuser der Familie Kerzel (Eisenwaren). Vom ersten ist mir kein Mieter in Erinnerung. Im zweiten Gebäude war das Kolonialwaren- und Eisengeschäft von Helmut Brosig, im Kriege jedoch von Felix Brosig sen. bedient, der auch Fleischbeschauer war. 1945 wurde er von den Polen verschleppt - ohne Wiederkehr! - Im Oberstock wohnte die Familie des Justiz-Sekretärs Josef Artelt, im Hinterhaus Tischlermeister Otto Willig mit Familie.

Das nächste Haus gehörte dem fr. Steinmetz Hoffmann und war bis 1940 eine Dest. Gaststätte. Der letzte Besitzer, Holst, übemahm dann ein Gasthaus in Kempen. Danach richtete Großkaufmann Garbisch, Dalbersdorf, ein Ausliererungslager ein. Garbisch war auch Kellergenosse der "Villa Martha". - Bewohnt wurde es von Frl. Hoffmann (Landratsamt), Frau Pohl und dem blinden Korbmacher Dziekan. Hinter der Gasse ist wohl das "schönste" Haus der Innenstadt Es war eine Lebensmittelhandlung mit einer Darstellung echt polnischer Wirtschaft. Die Frau war fast schüchtern. Sie hatten den polnischen Namen Hartmann. Das Nebenhaus war das Gegenteil, schmuck und sauber. Trotzdem über dem Ladeneingang "Michalke" stand, war es eine Filiale der Fleischerei Fuhrmann. Das gut gehaltene Haus gehörte der Familie Scheurich, er Glöckner der Ev. Pfarrkirche. Im Oberstock wohnte das Ehepaar Lendvojt, an der Wallstraße Schuhmachermeister Felke mit drei erwachsenen Kindern. Den Abschluß in dieser Straße bildet das Haus des Prinzl. Oberförsters Koberling. (Als überzeugter Junggeselle hatte er nur eine Hausdame.) Im Parterre wohnte die Familie des Prinzl. Angestellten Franz jun. dessen Frau während des Krieges als Lehrerin tätig war. Nach der "Befreiung" hatten sich im Haus Russen eingenistet. - Die Friedrichstraße hat nur wenig gelitten.

Wallstraße

Die Wallstraße bietet nicht viel Sehenswertes. Die Häuschen sind durchweg bescheiden. Den Anfang macht das des Tischlers Ignatz Misalla. Seine Ehefrau, Bertha geb. Albrecht, und ein Sohn wurden von den Russen erschlagen. - Tischlermeister Kosak ist der Nachbar. Frau Kruppa mit zwei Kindern ist Mitbewohnerin. - Das größere Anwesen des Schmiedemeisters Würfel folgt. Namen der Mieter nicht bekannt. Es folgt der große Ausspannungshof des Gasthofes Reich. Wenn man die großen Stallungen sieht, kann man sich vorstellen, welcher Betrieb hier war, als ca. 50 "Hafermotore" gestellt waren. Hier hatte bis 1939 Mosch seine Bäckerei. Es wohnten noch da Witwe Rokitte mit Kindern und Thomala Klara mit Tochter. Es folgt das Stadthaus mit Leichenwagenhalle, Polizeiarrest (Ochsenkopp) und Polizeidienstwohnung. Lange Jahre wohnte unser Wagner dort. - Im nächsten Häuschen hatte sich Foto Walter sen. einen hübschen Ruhesitz geschaffen, - Im Hof wohnte Marie Klempke (Schmiegel), die in der Polenzeit verhungerte. - Das nächste Häuschen gehört Gertrud und Hans Jarzok. Es folgte das Haus des Bürovorstehers Hoffmann. Als Ruhesitz hatte sich der ehem. Straßenbahner Urbanski das nächste Haus gekauft. 1945 lebte nur noch die Ehefrau. Eine Mangel (Rolle) wurde betrieben. Schlossermeister Schneider war ein gesuchter Mann als einziger Fachmann des Ortes. Er war noch ein Handwerker, der seinen Beruf ernst nahm. Die beiden Söhne stiegen in seine Fußstapfen. Gerhard war nebenbei Kinovorführer. Jetzt sind wir wieder am Kirchplatz. Von dort sehen wir das Haus des Bauarbeiters Ulbrich. Weiter auf der rechten Seite kommen wir zum Haus des Maurers Wilhelm Krug, das weitere gehört dem Ehepaar Gustav und Emma Klich. An der Ecke Pfarrgasse hat der Arbeiter Matalla sein Häuschen. Dann gelangen wir zum Besitztum der Malermeisterwitwe Schubinski. Daran schließt sich beiderseits der Wallstraße der leistungsfähige Speditionsbetrieb Kontzok an. Energischer Geschäftsführer desselben war Alfons Goebel, der heute in Würzburg einen ähnlichen Betrieb besitzt. - Biegen wir nun nach links in die Mauergasse ab, kommen wir am Häuschen des Malers Kutza vorbei und sehen die Überreste der Stadtmauer, die so manche Sturmangriffe, besonders im 30jährigen Krieg, überlebte.

Am Wall

Wir halten uns weiterhin links und gehen vor der Brücke den Lindenwall herunter. Nach dem "Katzenkopfpflaster" ist dieser Promenadenweg wirklich erholsam. Ein Blick nach rechts unten auf den Wallgraben, der von Tannen umsäumt ist, ruft den Heimatkundeunterricht über die Stadtgründung usw. in Erinnerung... Dann erspäht man links zwei "Einsiedlerhäuser" an der Stadtmauer. Eine bessere Lage konnten die Familien Saremba und Schubert nicht finden. Nach der Kurve - rechts ab führt ein Weg zur Kammerauer Straße - lädt das "Konzerthaus" ein, in dem sich ein größerer Saal mit Bühne befand. Das Etablissement gehörte der Brauerei Sacrau. Nachdem der ehem. Breslauer Bäckermeister Beck das Geschäft kräftig angekurbelt hatte, war der letzte Pächter (Stentsch) infolge des Krieges weniger glücklich. Erwähnenswert sind noch die Außenanlagen: Garten und Tennisplatz. Wir überqueren die Kirchstraße, gehen den Wall weiter und sehen hinter der Kath. Schule das "malerische" Häuschen von Foto Walter sen. Mieter waren: Maurer Paul Hentschel, als Polizist von Polen getötet, Menzel Anton; Kutscher a.D. und Schuhmacher Kauka (auch "Läut-nant" am Glokkenturm) mit Frau sowie Familie Franz Bienek. (Beim Angriff auf die Stadt erhielt das Häusel einen Ari-Treffer und brannte sofort lichterloh.) Ausnahmsweise geht es heute die Wallpromenade (bis Fleischerei Müller) nicht weiter, vielmehr gehen wir zum Ring und schauen uns die

Gartenstraße

an. Betrachten wir zuerst die rechte Seite. An die Fleischerei Wollny schließt sich zunächst das Häuschen des Kontzok-Kutschers Smolny an. Dann folgt - durch die Schulstraße getrennt - die Schippan-Villa, in der auch Frl. Manderla, Bürovorsteherin beim Rechtsanwalt Zoeke, wohnte. - Die dahinterstehende Gartenarbeitshalle gehört zur Schloßgärtnerei und ist unbewohnt. - Auf der linken Seite ist hinter Bauer das Haus des Schuhmachermeisters Guhr, dann folgt Müller mit Mieter Lichy. Das Anwesen des Tischlermeisters Seifert schließt sich an. Im Oberstock wohnt die Hebamme Heisig, die so manchem Wartenberger zum Licht der Welt verhalf; außerdem die Familie Mehwald und die Familie des Tischlermeisters Sobiella. Getrennt durch einen Fußgängerweg kommen wir zum "Braunen Haus", der umgebauten jüd. Synagoge. - Etwas zurück liegt das Prinzl. Gartenmeisterhaus; zuletzt wohnte die Familie Kurek darin. Im Gärtnerhaus - inmitten des Gartens waren neben den ledigen Gärtnergehilfen die Hobergs, uralte Veteranen des Gartenbaues, untergebracht. Am Parkeingang sehen wir das Schloßbedientenhaus. Bekannt sind uns die Haushälterfamilien Kirsch und Malich. Zurückkehrend gehen wir den Fußgängerpfad an der Synagoge durch. Da ist rechter Hand ein Wohnhaus, das zur Synagoge gehört. Die Insassen sind leider unbekannt. Dahinter sind zwei oder drei Häuschen, die Pospiech und Kursawe gehören. Es folgt der große Bau des Gerichtsgefängnissen Verantwortlicher Redakteur war Inspektor Hoffmann, der auch eine Dienstwohnung hatte. Nun bleibt uns nur noch das Eckhaus. Besitzer und Bewohner war Stadtarbeiter Kubitzka nebst Frau und Tochter. Im Oberstock wohnte Familie Solkowski. Wir kommen an der Hindenburgstraße heraus und erfrischen uns in der Stadtbrauerei, weil die Besichtigung der Innenstadt zu Ende ist. Jetzt kommt die Kempener-Vorstadt dran.

Kempener Straße

Die Kempener Straße ist mehr Dorfstraße von Klein-Kosel als städtische Straße, trotzdem sie ein nobles Kleinpflaster hat. Deshalb werde ich die nichtstädtischen Anwesen nur mit den Namen der Besitzer bezeichnen und auf einen Kommentar verzichten. - Wir biegen um die David-Ecke, und würziger Duft von frischer Kalbasse kitzelt unsere Nase. Ja, bei Wangorsch's versteht man sich darauf. Ein kleines Lädchen nur im Rathei-Haus, aber - oho! Es folgt ein größeres Gebäude, das dem Fleischer und Viehhändler Nossen gehört. Mieter waren: Rudnik, Lepski, Neumann und Uhrmachermeister Paul Methner, den die meisten als "Oberluftschützer" kennen, er war nach dem Zusammenbruch der erste energische und unermüdliche Vorkämpfer der Familienzusammenführung. Diese Verdienste sind nicht genügend gewürdigt worden. Benachbart ist der Neubau des Raiffeisen-Lagerhauses, das anstelle des Anwesens Czekalski errichtet wurde. - Das nächste Grundstück gehört dem ehem. Bäckermeister Karl Kroll. Die Bäckerei hatte Josef Nitsche gepachtet. Die im gleichen Hause befindliche Schmiede betrieb Oskar David. Auch der Kroll'sche Schwiegersohn, Krappatsch, mit Familie wohnte im Hause. Die nächsten 6 Grundstücke gehören nach Klein-Kosel. Es sind dies: Schubinski, Mieter Fropper, Funda, Fritsch; Nr. 2 Besitzer Kupferschmied Kendzia, Frau Hebamme, Mieter Krause; Nr. 3 Besitzer Töpfer Ernst Kursawe, Mieter Pillek, Pietrowski; Nr. 4 Besitzer Scheurich; Nr. 5 Bobon'sche Erben; Nr. 6 Bauer Stanella. Der nächste, Kohlenhändler Lubitz, gehört wieder nach Gr. Wartenberg. Er war ja auch mal Kommunalpolitiker. Im Nachbarhaus war eine Filiale von Hanke. Das Haus gehörte einem Breslauer. Mieter war Pust. - Die nachfolgenden Grundstücke bis zum Ende der rechten Straßenseite gehören alle nach Klein-Kosel. Es sind dies: 1. Besitzer Morawe, Bäckermeister i.R.; 2. Bauer Haglauer, Mieter Th. Grätz; 3. Latussek; 4. Orschullek; 5. Pirschke; 6. Schetter; 7. Stasik; 8. Mahler, Mieter: Müller, Knie, Osatzki. Nun wenden wir uns der linken Seite der Kempener Straße zu und beginnen ausnahmsweise wieder von "vorn", beim Tischler Kosiol, Klein-Kosel. Die nächsten Grundstücke bis zum Gasthaus sind Wartenberger. Als erstes die Kirsch-Villa, Besitzer gleichen Namens. Früher war das Eisenbahn-Neubauamt darin. Das mit seinen 5 Schaufenstem imponierend wirkende Anwesen des Tischlermeisters Gerhard Hampel schloß sich an. Er verstand sein Handwerk und hatte ein Beerdigungsinstitut angeschlossen. Auch war er der letzte 1. Beigeordnete der Stadt. Als Führer einer Volkssturmeinheit ist er am 8.5.1945 bei Trautenau gefallen. Es folgt das Hausgrundstück der Witwe Mattis. Ein Sohn betrieb ein Milchgeschäft, der zweite einen Damen- und Herrensalon. - Das Nachbargrundstück war einst ein großer Kaufmannsbetrieb; es gehörte den David'schen Erben. Hier war das Arbeitsamt (Nebenstelle) untergebracht. Rechts von der Toreinfahrt die Gastwirtschaft des Th. Mielczarski, unser ehemal. Drogist. Mieter: Müller Franz, Ziegelbrenner; Korsiger, Schwerbeschädigter. Mieter Moch. - Anschließend das Grundstück der Witwe Braun. Mieter: David, Suchelt. - Jetzt folgt das Dorfgasthaus von Klein-Kosel; Besitzer Mache'sche Erben, Pächter Familie Peukert. Gegenüber liegt ein villenähnliches Gebäude, auch der Familie Mache gehörend. Mieter: Krappatsch und Steuersekretär Dreyer. Dahinter liegen die Neubauten von Kroll und Sobotta, alles Klein-Kosel. - Zwei stattliche Neubauten, wieder mal Wartenberger, folgen. Das erste baute Fidelak, den alle Welt für einen armen Schuster hielt. Sein "prominentester" Mieter war Vertreter Stanislaus Bierwagen. Wenn ich richtig unterrichtet bin, war er ein Sohn des Pastors Bierwagen, der 1910 von Wartenberg nach Perschau versetzt wurde. Zur Polenzeit leitete er den Arbeitseinsatz der Deutschen. Nach anfänglicher Aussiedlung kehrte er mit seiner Frau bald wieder nach Sycow zurück. Die Tochter blieb als Lehrerin in der Zone. - Auch die Familie des Postschaffners Paul Mech wohnte im Hause. Das zweite Haus gehörte dem Sattlermeister Fritz Nelke, der auch ein schönes und modernes Ladengeschäft betrieb. Mieter waren die Familien Klunska und die Kindergärtnerin Elfriede David. Die vier nächsten Grundstücke gehören wieder nach Klein-Kosel: 1. Fritsch; 2. Landwirt Schubinski; 3. Landwirt Kendzia Klemens; 4. Lagerarb. Iwan. Das folgende Haus, ein Wartenberger, gehört dem Schornsteinfegermeister und Kreisfeuerwehrführer Gottwald, das er mit Ehefrau, geb. Bobon, nebst Sohn und Tochter bewohnte. - Der Nachbar, Landwirt Kursawe, ist wieder Klein-Koseler. - Schütz, der bekannte Lebensmittelhändler und Fuhrunternehmer, wieder Wartenberger. Mieter: Familie des Bäckers Alfred Klahr. Bis zum Ende der Straße gehört nun alles nach Klein-Kosel. Das sind: Landwirt Richard Kendzia; Schmiedemeister Deutsch; Viehhändler "Graf" Bobka; Landwirt Kursawe und der Bauer Sroka. Wir sind nun an der"Stadtkurve", die durch das bekannte Dreiecksrennen mit Krafträdern so getauft wurde. Imponierend bildet das Frenzel-Haus, ein Klinkerbau, den Abschluß der Straße. Hier befand sich vor 1914 eine Großtöpferei, die ein Großfeuer vernichtete. Letzte Besitzerin war Fräulein Sebel. Mieter waren: Postsekretär Just, der am 19.1.1945 auf der Flucht starb; Familie des Kreisang. Kendzia und die Schneiderin Gertrud Preißner mit Schwester und ihrem Bruder Gerhard, der 1945 verhungerte.

Steinstraße

Gewidmet ist diese Straße dem Freiherrn vom Stein. Deshalb müßte sie eigentlich die volle Namensbezeichnung des Verfechters der Selbstverwaltung haben, sonst könnte man annehmen, daß der Name von den "Katzenköpfen" kommt, mit denen sie gepflastert ist. - Wir bewundern die Gasanstalt von hinten. Der Postgarage brauchen wir nicht viel Beachtung schenken. Schon mehr der sog. "Villa Ruh", die von dem Reg.-Oberinspektor gleichen Namens und der Familie Nagel bewohnt wurde. Die Villa war einst das Herrenhaus eines schönen Gütchens. Das nächste Haus, die "Kuhstallvilla", bezeugt es. Sie wurde bewohnt von den Familien Tondera, Maurerpolier Rokitte, Stadtobersekretär Stawitzki, Wolf, Kursawe, Vater, Kempa und Gorisch. Beide Häuser gehören der Stadt.

Wir schauen zurück und stellen fest, daß den größten Teil der anderen Straßenfront die Werkstatt- und Lagergebäude der Fa. Hartebrodt und ein der Maschinenfabrik Scholz vorgelagerter und zu ihr gehörender Garten einnehmen. Es kommen zwei schlichte Wohnhäuser. Eins soll einem Czekalla gehören, das von Maurer Schwach und Arb. Rudowitz bewohnt ist. Das zweite Haus gehörte wahrscheinlich dem Postschaffner Kuschmann, der 1941 in Frankreich fiel. Sein Schwager, der Stadtarbeiter Karl Kleinert. wohnte gleichfalls im Hause. Das Versorgungszentrum Steinstraße, das Warenhaus Howanski, ist das nächste. Außer der zahlreichen eigenen Familie wohnt noch der Arb. Reitzig im Hause. Auch hier schiebt sich ein kleines Stück Klein-Kosel ein, die Landwirtschaft Goebel mit dem Auszügler Kroll.

Es folgen auf der anderen Straßenseite die Reichshäuser, die den heutigen Wohnbauten - bis auf die fehlenden Balkone - gleichen, Auch die Ausstattung war natürlich einfacher. Der Wohnblock ist Stadteigentum. Mieter im Reichaus I: Meister Eduard, Ofensetzer; Skudlarek, Zimmermann; Ilski, Mühlenarb.; Ilski Paul, Stadtsekretär, der sich als Schwerkriegsbeschädigter während des II. Weltkrieges im Dienst aufgerieben hat; Kubitzka Joh., Rentner; Wolf Karl, Zimmerpolier (bekannt als "Kalle", sein Wahlspruch: "Nischt zu tun", was nicht etwa bedeutete: nicht zu arbeiten.), Sobiella August, Rentner, ein bekannter Mann; Witwe Buhl. Reichshaus II: Mühlenarb. Josef Wlosig; Postang. Georg Gorisch; Schlosser Ernst Wieczorek; Arb. Karl Bieda; Postschaffner Maximilian Foltys; Witwe Reichelt; Monteur Peter Drabschinski; Stadtarbeiter Karl Kirsch; Schneiderin Pichotta; Tischler Karl Schreinert.

Reichshaus III: Witwe Maria Horn; Witwe Maria Korzonek; Witwe Mikoleizik; Fabian; Nivici; Damenschneiderin Seidel, Briefträger Kielmann; Stadtbote Joh. Glowig; Arbeiter Franz Pietzonka, Buchdrucker Max Albrecht; Meßgehilfe Gustav Warkus; Waschfrau Franziska Kontzok; Bininda Josef?

Wir kommen zur "Siedlung Steinstraße", die in den Jahren 1930/31 errichtet wurde. Es sind Doppelhäuser. Nachfolgend die Besitzer auf der rechten Seite: Grätz Franz und Quak bzw. Kwak (7 Kinder); Weigelt/ Kania und Wrobel Karl; Kuhn Ernst (7 Kinder) und Otto Gustav (4 Kinder); Porosalla Marie, Schaar Josef und Pregla Robert (6 Kinder). Zur Linken: Bäcker (später Postschaffner) Paul Kendzia, bekannt als Taubenzüchter. Die Familie zählt 12 Kinder und fordert Hochachtung ab. - Nachbar Postschaffner Karl Bieda (6Kinder). Arbeiter Otto Plischek (2 Kinder) ist der nächste, verbunden mit Latussek Theodor. - Arb. Josef Wanzek (4 Kinder) zusammen mit Gustav Skudlarek, Zimmerpolier (3 Kinder). Zum Abschluß hatte sich Alex Kroll ein größeres Haus gebaut, in dem außer seiner Familie der Arb. Franz Nawroth und die Witwe Faltin wohnten.

Töpfergasse

Wir kehren um und werfen einen Blick in die Töpfergasse. Rechts sehen wir das Haus des ehem. Kreisbaumeisters Lipinski. Mitbewohner waren Ruby, Verkäuferin bei Mantel mit Schwester sowie die Postschaffners-Witwe Martha Babiak. Ein langgestreckter, bescheidener Bau schließt sich an, dem Maschinenfabrikanten Scholz gehörig. Bekannte Mieter: Masch.Schlosser Drobczinski und Kensch Julius. Auf der anderen Seite der Gasse steht das villenartige Haus des Steinsetzmeisters Cegla. Im Oberstock wohnte der Vermessungstechniker Ernst Rohrbach mit Frau und Tochter Ilona. Damit ist unsere Wanderung kreuz und quer durch unser altes, schönes Groß-Wartenberg beendet. Ich hoffe und wünsche, daß es den Lesern dabei nicht zu langweilig war und alte Erinnerungen wieder aufgefrischt werden konnten. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn es mir gelungen wäre, meinen Schicksalsgenossen ein wenig Freude zu bereiten. Albert Henschel

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