Spaziergang Groß Wartenberg Teil 2

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Die früher namenlose Straßenerweiterung bei der Abzweigung zur Steinstraße hatte man

Inhaltsverzeichnis

Horst-Wessel-Platz

benannt. Die Russen machten einen Heldenfriedhof mit großem Denkmal daraus, das sie allabendlich illuminierten. An der Ecke des Platzes war die Kupferschmiede Hartebrodt, die von Kupferschmied Müller betreut wurde. Daneben stand das Wohnhaus des Maschinenfabrikanten Hellmuth Scholz, dessen Betrieb Ing. Kurt Richter als Miteigentümer leitete. Den Abschluß bildete das kleine Häuschen der Familie des Postschaffners Bernert, der nebenbei ein tüchtiger Radiobastler war.

Jetzt beginnt die

Kalischer Straße,

die im "3. Reich" in "Adolf-Hitler-Straße" umbenannt wurde. Das erste Grundstück ist recht ansehnlich. Es war der Stolz von Carl Menzel, Korbmachermeister und strammer Kriegervereinsführer, Er war auch der einzige, der genaue Angaben über seine Mieter machte. Diese waren Knärich, Wyrwich, Horn, Malik, Blum, Kasprowski, Bieda, Cilinski, Proworczik, Giesa, Bartusch und Preißner. Fleischermeister Fuhrmann war der Nachbar. Die Meisterin war die Schwester von Herrn Berski. Von den zahlreichen Mietern sind nur Korzonek und Ignor bekannt. Der Kaufmann Felix Brosig war der Besitzer des nächsten Hauses. Er wurde von den Polen verschleppt und ist nicht heimgekehrt. Den Laden des Hauses hatte Schuhmachermeister Kania inne. Sonstige Mieter waren Maurer Wilhelm Frenzel und Kaufmann Bernhard Scholz (Haus Kutschera). Jüdischer Besitz war das nächste Grundstück, das dem Getreidehändler Striem gehörte. Bruder Hermann beteiligte sich früher oft am Groß-Wartenberger-Dreiecksrennen (1957 besuche er Sycow). Nachfolge-Firma Schmidt & Söhne. - Friseur- und Waffenmeister Zertahelly hatte im Vorderhaus sein Geschäft. Er ist mit fast 90 Jahren der älteste Wartenberger. Tochter Hannchen ist seine Pflegerin. Es folgen hintereinander 2 Tischlereibetriebe: Schreinert und Kusche. (Von hier bis zu Menzel ist alles mehr oder weniger Ruine.) Breit und wuchtig hingelagert liegt das Eckhaus. Es beherbergte die Kolonialwarenhandlung August David und die Gaststätte von Richard David. - Das Haus gegenüber, in dem Tischlermeister Kosiol sein Handwerk ausübte, gehört zur Gemarkung Mühlenort, was sogar manch altem Wartenberger neu sein mag. War schon das Kosiolhaus sehr bescheiden, das der Neudeck'schen Erben ist's noch mehr. Die billigen Wohnungen waren mit den Mietern Dzuba, Gerhäuser, Fritsch, Mieruch, Konzok und Lachmann belegt. Besitzerin der "Villa Martha" war Frau Lückehe. Zu den Hausbewohnern zählten Raiffeisendirektor Hinkelmann und Rechtsanwalt Zoeke. Letzterer wurde von den Russen erschlagen und hinterließ Frau, Mutter und 5 Töchter. Berüchtigt war die Villa 1945 als "Polnischer Klein-KZ-Keller". In friedlicher Zeit lebte in der Kellerwohnung die Familie Sorek. Wir sind nun am Dorfgasthaus von Mühlenort, zugleich das bestfrequentierte der Stadt, da es Schützenhaus und Turnerheim war. Außerdem standen eine Kegelbahn und Tennisplätze zur Verfügung. Und wenn dann noch Küche und Keller auf der Höhe sind, wie es bei Stampe Karl und seiner Frau selbstverständlich war, wer konnte da schon widerstehen. Eine größere Landwirtschaft gehörte ebenfalls zum Besitz. An der gleichen Straße, aber auf Klein-Koseler Gemarkung, lag der Städt. Friedhof, der auch den anliegenden Gemeinden als Gottesacker diente. Die Friedhofsanlage konnte sich in jeder Beziehung sehenlassen und wurde viel besucht. Aussegnungs- und Leichenhalle fehlten ebensowenig wie Wohnungen für den Totengräber Sowa sowie einen Hilfsarbeiter. Letzterer war ein gewisser Wior, den man wohl mit Recht in der Polenzeit für den "bösen Geist" der Stadt hielt. Nach dem Besuch des Friedhofs merkt man, daß man langsam müde ist und Hunger hat. Eine Erholungspause im schattigen Stampe Garten wird gut tun. Was steht auf der Speisekarte? "Hahnderl", eigene Zucht und Schlachtung. Es schaut goldig aus und schmeckt auch so. War das ein Genüssel! Natürlich vorher ein Machandel mit der Pflaume und hinterherein Schoppen "Haselbach". Und die resolute Frau Bieda hat bedient. Wißt Ihr's noch?

Nach dieser Stärkung gehen wir auf der anderen Seite die Kalischer Straße zurück. Da ist zunächst die Fleischerei Paul Hessek, die noch nach Mühlenort gehört. - Das erste Wartenberger Haus ist die Villa des Moritz Wobst, dessen Witwe und die Familie Schmidt (?) die Räume bewohnen. Benachbart ist die Töpferei Wobst. Nach dem Tode des Inhabers von Töpfermeister Kursawe geleitet. Hergestellt wurde hier so ziemlich alles, was man aus Ton machen kann; auch die bekannten bunten Bunzlauer "Tippel". In dem an der Straße gelegenen Wohnhaus waren die Witwe Maria Wobst und Sohn Herbert daheim.

Es schloß sich das Grundstück der Ww. Susanne Kutsche, geb. Fuhrmann, an, die in Hausgemeinschaft mit der Familie Feige und der ledigen Lewuny Alma lebte. - Deren Nachbar war der Buchbindermeister Heinrich Lindner. Das nächste recht ansehnliche Grundstück gehört dem weitbekannten und geachteten Baumeister und Sägewerkbesitzer Hermann Schipke. Er war es, was man mit Recht einen aufrechten deutschen Mann nannte. Vielleicht war das der Grund, daß er und auch seine Frau von den Polen unverschämt schikaniert wurden. Der einzige Sohn Hans ist 1942 gefallen. Gegen den elterlichen Willen beteiligte er sich aktiv beim Dreiecksrennen. - Es wohnten noch Tochter Ruth und Enkel Rolf in der schmucken Villa. Neben der Toreinfahrt waren das Wirtschaftsgebäude sowie die Stallungen; denn auch eine größere Landwirtschaft gehörte dazu. - Ein Wohnhaus, das der Witwe des Schumachermeisters Mory gehörte, schloß sich an. Die Witwe des Bäckermeisters August Walter mit 2 Töchtern wohnte u.a. im Haue. Der nächste in der Reihe war der Stellmachermeister Ernst Drieschner, dessen Frau eine geb. Wangorsch ist. Als Mieterin ist die Zollinsp. Witwe Martha Fink bekannt. Das nächste Haus fiel etwas aus der Rolle, es wirkte wie ein Riese unter Zwergen und gehörte dem prakt. Arzt Dr. Bornemann, einem Arzt aus Leidenschaft. Da er gleichzeitig Chefarzt des Krankenhauses war, arbeitete er, besonders im Kriege, oft bis zur Erschöpfung. Zur Hausgemeinschaft gehörten noch die Lehrerfamilien Artelt und Buhl, Amtsgerichtsrat Puff, Journalist Felber und RAD-Führer Schüler. Das bescheidene Nachbarhaus war der Ruhesitz des Bäckermeisters Hermann Jacob, seiner Frau Minna und des Schwagers Weihsnicht, der als Diener u.a. beim deutschen Gesandten in Rußland viel von der Welt gesehen hatte. Pächter der Bäckerei war Meister Kühlmorgen. Ein sogenanntes besseres Haus war das des Fleischermeisters Obieglo. Der Sohn wurde von den Russen, deren Kommandantur im Hause war, durch Alkohol vergiftet. Im 1. Stock wohnten die Familie des Kultur-Ing. Bunzel, in "Sperlingslust" Oberpostsekretär Bartsch und Frau. Herr Kutschera hatte ein schönes Anwesen, das zwei Gaststätten, Weinstube, ein Kolonialwarengeschäft (Scholz) und einen Bierverlag (Nussbaum) umfaßte. Im Seitenhaus wohnten der Maurer Robert Sowa mit Familie und die Witwe Anna Klahr. Nebenan, im bescheidenen Häuschen, wohnte der einzige Böttcher am Platze, Schwarzbach, nebst Ehefrau, Sohn und 2 Töchtern. Das angrenzende "Nikolausstift" (Spittel genannt) war ein Städt. Altersheim und hauptsächlich von Frauen bewohnt, die sich anscheinend da recht wohl fühlten. Wir sind an der bekannten "Opatz-Ecke". Das Geschäft wurde nach dem Tode des Inhabers an den Kaufmann Robert Kursawe verpachtet. Der Sohn des Hauses, Opatz Reinhold, ist Postbeamter. (Das Haus war standfest; es blieb als einziges der Reihe bis Obieglo erhalten. Auch hinter Obieglo bis einschl. Lindner fiel alles in Schutt und Asche.)

Wir wenden uns nun nach rechts und gelangen auf die

Kammerauer Straße.

Links liegt der"Schweineinarkt" und Rummelplatz. Man hatte dort Ende 1944 Splittergräben gezogen, in die man die im Kampf um Wartenberg gefallenen deutschen Soldaten beerdigte. (Heute steht auf dem Platz eine neue polnische Schule.) Gegenüber liegt ein uralter Friedhof, der öffentliche Anlage und Spielgarten war. Einige wertvolle Grabdenkmäler blieben noch erhalten. Die amtliche Bezeichnung lautete: Albert-Leo-Schlageter-Platz. Die anschließende große Gärtnerei Wichert liegt sozusagen malerisch im Tale. Der alte Herr und seine Familie hatten tüchtig zu schaffen, um den Betrieb auf der Höhe zu halten. Gewächshäuser waren zahlreich vorhanden, und man wurde preiswert bedient. Im grünumkränzten Wohnhaus wohnten neben dem Besitzer Familie Zaremba (Krankenkasse) und die Lehrerin Luise Adam. (Das Haus wurde vernichtet.) Das Besitztum grenzte an einen Wasserlauf, der im Volksmund "Bache" genannt wurde. Die Brücke konnte bei Hochwasser, wie z.B. 1941, kaum die Wassermengen durchlassen. Damals waren auch die Wichert'schen Anlagen überschwemmt, vor allem auch die Waisenhausstraße. Gleich an der Brücke lag die Stadtmühle, vom Besitzer Hahn modern ausgebaut. 1943 wurde sie stillgelegt. Im Wohnhaus der Mühle wohnte die Witwe Karoline Hahn. Daneben hatte sich der Herr Hahn jr. ein ganz modernes Haus gebaut, inmitten eines englischen Gartens. Nachbar war Zollsekretär Richard Sendler mit Familie (Tochter Dolores * 1934) in einem neuen Landhaus. Sendler war als Gärtner, Obstbauer und Bienenzüchter ein Genie, noch mehr als Obstweinkelterer und Destillateur. Seine Liköre waren "Gedichte". Das nächste Gehöft war als Landwirtschaft von der Stadt erworben worden. Es hieß der "Kleine Grünhof". Von den Gebäuden war nur das Wohnhaus erhalten, das den Familien Zollsekretär Fiedler und Stadtsekretär Buchelt als Heim diente. Das daneben stehende Häuschen gehörte dem Arbeiter Slotta. - Am Nachbarhaus stand stolz, aber schon etwas verblaßt "Sechsmädelhaus", es gehörte damals dem Justizbeamten Weidlich. Zuletzt war es Eigentum der Familie Mrusek; er weiland Werkmeister bei Schipke. Mitbewohner war Kreisinspektor Reiling mit Frau und Tochter.

Jetzt sind wir an dem Weg, der zu den Schrebergärten und weiter nach den Gerberbergen führt. Dort wohnten die Familien Ernst und Wilhelm Nensa, Sperling, Lidzba, Glowig, Grötz und Bunk. Den "Herren des Stadtforstes", Förster Wabnitz, kannte man überall. Ohne Gewehr und Hund hat er doch alle erwischt, die nach "verbotenen Früchten" greifen wollten. - Links des Weges das Anwesen des Bauern Troska. Er war nicht nur ein tüchtiger Landwirt, sondern auch die rechte Hand der städt. Betriebe, die er "hafermotorisierte". Er fuhr den Fäkalienwagen wie den Schneepflug und den Leichenwagen, weil er ein paar schöne, schwarze "Rhabarberpferde" hatte.

Nun winkt auf der Kammerauer Straße das Gasthaus Ernst. Wir kehren ein, um ein bißchen mit dem Wirt zu plaudern. Er war nämlich früher Stadtkapellmeister und weiß 1.000 nette Erlebnisse aus seiner Glanzzeit zum Besten zu geben. Viel zu schnell vergeht die Zeit. Ausgeruht gehen wir ein Stück zurück, um auch die andere Seite zu betrachten. In der Nähe des Badeteiches hören wir, wie der Bademeister (wir werden ihn noch besuchen) seinen Schwimmschülern Tempos beibringt: Eins - und - zwei - und - drei, eins .... Wir kommen nun zu einem Haus, das in einem schlechten Geruch steht. Daß die Besitzerin Kositza hieß, wußten wenige, als "Bock-Marie" kannten sie alle. Sie war nämlieb Halterin erstklassiger Ziegenböcke. Die Häuschen waren klein und bescheiden, auch die der Nachbarn Schwitalle und Goebel. Etwas zurück und etwas größer waren Haus und Gehöft von Nickel August, der Landwirt und Gärtner war. Nebenbei galt er als "Original". Nun kommen noch die Anwesen von Schweda, Kubitza und Lidzba, über die kaum etwas besonderes zu sagen wäre, höchstens daß sie alle am "wilden" Distelwitzer Wasser liegen, das man in ein hölzernes Bett gezwängt hat. Ein stattliches Gehöft liegt nun vor uns. Es gehörte dem Bauern Alfons Dziekan, dem man den tüchtigen Landwirt schon äußerlich ansieht. Im Leutehaus wohnten die Familien Skupin und Morawe. Ein kleiner Rückzug und dann weiter auf der rechten Seite. Dem Gasthaus von Himmelthal (das wie das Wohnhaus 1945 zerstört wurde) folgt der Kohlenhändler und Landwirt Gruschka, dann Kupferschmied Müller, daneben das Haus des Schachtmeisters Lachmann, bei dem ein Stenzel wohnte. - Diesem benachbart ein schöner Neubau, dem Schwerkriegsversehrten Darmas gehörig. Im Obergeschoß wohnt die Familie des Katasterangestellten Fröhlich. Dahinter kommt eine Wohnlücke. Dann, in einem kühlen Grund, das neuaufgebaute Doppelhaus von Schubinski und Biewald. Himmelthal ist zu Ende. Wir kehren um! Da liegt zur Rechten das ansehnliche Gehöft des Landwirts und ehemal. Bauunternehmers Laube. Auch da wohnt ein Schubinski. Etwas zurück liegt das Gehöft des Landwirts Lipka und vorn an der Straßenecke die Wirtschaft Giesa. Der Inhaber, Maurerpolier, schwerkriegsgeschädigt, verstarb 1936. Seine resolute Frau hielt mit 2 Töchtern den landwirtschaftlichen Betrieb auf der Höhe. Hier vorbei führt die Straße zum Gut Himmelthal und zum Markusberg, der von einer schönen historischen Schrotholzkirche gekrönt wird. Alljährlich, an einem Sonntag um den Markustag, findet eine große Prozession statt. Das Kirchlein liegt in einem schönen Waldfriedhof. Zwei Gehöfte sind da, eins Gasthaus zum "Weißen Giebel". Die Besitzer sind Brüder namens Kokott. Gebaut hat es Schäfermeister Garbisch, der Stammvater des großen Garbisch von Dalbersdorf.

Nach dem Ausflug auf den Markusberg, dem noch der Kanonenberg vorgelagert war, steigen wir wieder hinab ins Tal. Unterwegs treffen wir auf zwei einsame Häuschen, wo die Familien Demny und Kügler, von bösen Nachbarn nicht gestört, wohnen. Nun sind wir unten! Da liegt links das Gehöft Chowanski, ein Ziegelrohbau. Geradeaus liegt die Wirtschaft Skiebe. Wir marschieren nun den weidenbestandenen Weg entlang, biegen links ein und kommen zum Gut Himmelthal, bis zur Nazizeit ein Rittergut. Da es aber mir 400 Morgen groß war, wurde es ein Erbhof. Das Gut ist ein stattliches Anwesen mit einem kleinen Schloßpark, in dem sich unzählige Fasane tummelten. Im Herrenhaus wohnt die Familie des Gutsbesitzers Gustav Dubke. Auf der anderen Straßenseite standen die Leutehäuser, in denen u.a. die Familien Glowig, Kittner und Gattner untergebracht werden. Wir gehen weiter, am Park vorbei mit den schönen Edeltannen und Birken und sichten die erst während des Krieges fertiggestellte Kinderreichen-Siedlung, an derem Werden der Schreiber dieser Zeilen nicht ganz unschuldig war. Er hatte ja auch den Bandwurmtitel "Siedlungsgemeinschaftsleiter". Trotzdem ich nie Pg. war, halte ich die NS-Idee - besonders im Hinblick darauf, den kinderreichen Familien in der heutigen "kinderfeindlichen" Zeit - eine gesunde Heimstatt zu schaffen, für die richtige Lösung. Das Zusammenleben in der Siedlung konnte man fast vorbildlich nennen.

Nun, denen, die nicht parierten, drohte die Aussiedlung ohne Entschädigung. Als es galt, ausgebombte Dortmunder Kinder unterzubringen, standen die Siedler nicht abseits. Es gelang mir mühelos, zahlreiche Obdachlose in die "reichsten" Familien zu vermitteln. Die Namen der Siedler rechts der Straße: Ließ, Wieczorek, Sieder, Kutsche, Klose, Kosiol, Czichos, Wanzek, Ochmann, Bieda, Liehr (Schneider) und Kuschnik. Links: Kroll, Lidzba II, Kuropka, Howanski, Lachmann, Kutza, Lidzba I und Henschel. In der Siedlung wurde nur das Doppelhaus Liehs/Wieczorek zerstört. An meinem Grundstück ging der Fahrweg zum Kath. Waisenhaus vorbei. Der große Bau mit seinen Treppengiebeln grüßt weit in die Gegend. Geleitet wurde die vorbildliche Anstalt von Borromäerinnen. Auch ein Kindergarten war angeschlossen. Große Verdienste haben sich die Schwestern auch in der ambulanten Krankenpflege und Altenbetreuung erworben, ganz besonders in der Polenzeit.

Auf der Waisenhausstraße weitergehend haben wir nach Überschreiten der Brücke zur linken die Kroll-Villa. Der Besitzer ist schwer kriegsversehrt, trotzdem Vater einer großen Familie. Man sah ihn nie ohne seine geliebte Pfeife. Man könnte vermuten, daß er auch im Schlaf geraucht hat. Kroll war Spezialist auf vielen Gebieten. Neben dem Grundstück hatte die OT 1944 zwei Behelfsheime erbaut. Eins davon bewohnte der Bauleiter Pakusa. - An der linken Seite der Straße - immer noch in Richtung Stadtmitte - steht nur noch ein einziges Haus, das der Postbeamtenwitwe Günther. Ihre beiden Söhne Erwin und Ernst starben in russischer Gefangenschaft. Auf der rechten Seite ist zunächst ein Haus, deren Besitzer mir unbekannt ist. Es wohnten dort der Postbetr.-Ass. Maciok und die Familie des Stadtobersekretärs Goed. Benachbart ist eine kleine Landwirtschaft, die dem Fleischermeister Humpola gehörte, der einen großen Betrieb in Brockau bei Breslau führte. Daheim regierten die Frauen. Das letzte Haus der Reihe gehört wohl dem bekanntesten Wartenberger, dem Fuhruntemehmer Paul Fritsche. Wer ist noch nie in einem seiner - manchmal komischen Omnibusse gefahren? Kennt Ihr noch sein strahlendes Gesicht? Selbst wenn er mal aus irgendeinem Grunde "brummig" war, glaubte man ihm das nicht so recht. Da wir das Barkmann'sche Haus schon betrachtet haben, überqueren wir die Bahnhofstraße und stehen auf hochherrschaftlichem Boden, genauer gesagt, im Gebiet des Schlosses Vorwerk. Da ist gleich zur Rechten das "Adelenstift" als Altersheim der prinzlichen Beamten, insbesondere der Fürsten. Die Insassen wechselten häufig, so daß sie einem weiteren Kreise kaum bekannt geworden sind. Daneben ist das Prinzl. Beamtenhaus. Da wohnt im Erdgeschoß die Witwe Sabine Köchel, eine interessante Dame. Ihr Ehemann war Gartenmeister, sie selbst Erzieherin der Prinzengarde. Weiter hatte unten der Haushofmeister Jonas seine Wohnung. Im Obergeschoß wohnte u.a. die Familie Gerlach. Es folgten das ehemal. ev. Waisenhaus (vormals ev. Kindergarten), die Sattlerei und zuletzt die Gutsgemeinde. Dann sehen wir zwei große Leutehäuser, deren Bewohner nur sehr unvollkommen festgestellt werden konnten und deshalb nicht genannt werden. Wir kommen nun auf den großen Gutshof. Gleich zur Rechten das anheimelnde Wohnhaus des Güterdirektors Ernst Schlabitz, der ein hervorragender Landwirt und ein verstehender Menschenführer war. Weiter zur Mitte stand das Schafferhaus, wo u.a. der Schaffer Kania wohnte. Gehen wir zum hinteren Tor hinaus, so bemerken wir die schloßartig gebaute Fasanerie. (Sie wurde eine Ruine) zur Stärkung unserer strapazierten Nerven wollen wir uns im herrlich angelegten Park der Standesherrschaft erfreuen. - Da ist schon die unvergeßliche "Seufzerallee", auch die "Herzelbank" (oh, wenn sie reden könnte!), und dann liegt schließlich der "Höhenzug" vor uns. Ja, wir hatten auch unsere "Alpen", den "Hexenberg" und - für ganz mutige - den "Teufelsberg". Hier genossen alt und jung insbesondere die Winterfreuden. Aber auch die Hockeyspieler sowie die Eiskunstläufer fanden auf dem Reitstallteich die notwendige Eisfläche. Wie viele unter uns vermissen heute diesen großen und schönen Park?

Die Breslauer Straße,

vornehm mit Kleinpflaster befestigt, sieht gar nicht mehr nach der Dorfstraße von Klein-Woitsdorf aus, die sie bis 1920 war. Wir beherzigen die Vorschrift: Rechts gehen - und kommen zur Furch-Villa, einem schönen Bau im neuklassizistischen Stil der Gründerzeit. Dr. Furch war ein bekannter und beliebter Arzt. Das Haus gehörte zuletzt dem Wohnungsbauverein. Den 1. Stock bewohnten die Familien Vermessungsrat Eberstein und Capla, den 2. Tierarzt Dr. Aschauer mit Familie. Der Hausmeister war ein Original, schwäbisch-pfälzischer Pferdehändler namens Markert, auch Chaplin genannt, von Schöppla, die er sehr gern trank. Die Familie wohnte im Keller. Im Hof war die ehemal. Wattefabrik zum Wohnhaus umgebaut worden. Es wohnten im Erdgeschoß die Familie des Spark. Gegenbuchführers Klein und im Oberstock die Witwe des Schriftsetzers Peuker geb. Heinschild, die sich in Dresden wiederverheiratete und dort bald darauf verstarb. Das nächste Haus ist eine Villa, die um 1900 erbaut wurde und der Ev. Kirchengemeinde gehörte. Sie war Dienstwohnung für die Familie des Pastors Seibt, vormals Pastor Erdmann. Außerdem wohnte noch die Witwe Wagener im Hause. Gott sei Dank, endlich wieder mal ein Wirtshaus! Wandern macht durstig! Daß der Wirt Igel heißt, stört uns nicht. Aus der Küche kommt der Duft frischer Wellwurst, das ist ausgesprochen sympatisch. Die resolute Igel Ida hat die Zügel fest in der Hand, seit ihr Ehemann mit dem Motorrad tödlich verunglückte und den wir in Schützenuniform unter großer Beteiligung beerdigt haben. (Das Gasthaus steht nicht mehr). Es folgt das kleine Haus des Dachdeckers Wilhelm Kleinert und daneben das größere des Dachdeckermeisters Wilhelm Kleinert. Letzterer war ein sehr lebhafter Herr und galt als Original. In seinem Haus wohnte auch die Familie des Schwiegersohnes, Landw.-Insp. Sobolowski, der im zweiten Kriegsjahr gefallen ist. Das nächste Haus gehört der alten Jungfrau Fräulein Hilse. Der Anwärter auf den Besitz war der Arbeiter Nowak, der mit Ehefrau, geb. Mohr, Sohn und Tochter im Haus wohne; zusammen mit dem Rentner Bieda. Der nächste Nachbar zur Linken ist der Kohlenhändler Lachmann. Zur Familie gehörte auch die Witwe Klose. Ebenfalls Witwe war Marie Rößler. Ihr einziger Sohn Hans ist gefallen. Sehr bescheiden lebte der Rentner Karl Mesek im Hause und der Sägewerker Jasef mit Frau. Die beiden einzigen Söhne sind gefallen. Ein Schicksalshaus! Weiter zurück, in einem Wald von Obstbäumen, stand das Haus des Straßenwärters und Landwirts Johann Nelke, das er mit Frau und Tochter bewohnte. Das Haus des Stellmachermeisters Erich Drieschner stand in einer Senke. Von "oben" konnte man beobachten, wie fleißig "unten" gewerkt wurde. Der Ehefrau stand noch seine alte Mutter zur Seite. Drieschner war auch ein begeisterter Feuerwehrführer. Außerdem war er Vorsitzender der Kreishandwerkerschaft. - Von den Mietern ist die große Familie des Kraftfahrers Marzok bekannt. Das nächste Grundstück, richtiger das Haus, fiel durch seine Bauweise etwas aus dem Rahmen. Es gehörte dem Bäckermeister Jacob und wurde von seiner Tochter, der Witwe Peter und deren Söhne bewohnt. Mieter war die Familie Schliwa; im Hinterhaus die Familie Messing.

Der nächste Nachbar ist der Bauer Johann Humpola mit Sohn und Ehefrau. Der Schwiegersohn Hartmann, Postass., mit Ehefrau und 2 Söhnen wohnte gleichfalls im Hause; außerdem die Witwe Rußig, eine bekannte Kochfrau, mit Sohn. Nun das letzte Haus in der Reihe. Es gehört dem Rentner Späte und seiner Ehefrau geb. Hoppe. Weiter wohnten die Witwe Skottnik und die Familie Krebs im Hause. Jetzt kommen rd. 300 m offenes Gelände (Neuhof), ehe wir an der Straße nach Langendorf zwei Wartenberger Häuser entdecken. Sie gehören Koß und Pietzonka. Weit draußen im Gelände liegt noch das Anwesen Mehwald, Landwirtschaft und Gärtnerei. Wir machen kehrt und kommen an das Krankenhaus, ein schöner Ziegelrohbau, erst kürzlich erweitert und modernisiert. Man hat nur Gutes über diese Anstalt gehört. Vom Personal habe ich mir leider keine Namen gemerkt. Dagegen kenne ich noch den Namen des Hausmeisters Karl Pregla, dessen Ehefrau mit Sohn Heinz und Tochter Hilde. Direkt am Bach entlang liegt das Haus der Witfrau Mlitzko, das sie mit Tochter Martha und dem Mieter Robert Wolf, seines Zeichens Hausschlachter, seiner Tochter Christiane und dem Sohn Heinz bewohnt. Wie auf einer Insel liegt das Haus des Kraftfahreres Fischer, neuerbaut anstelle eines baufälligen Häuschens. Eine breite Einfahrt führte zu einem ehemal. kl. Herrenhof. Von der einstigen Herrlichkeit war nur noch ein Hauch zu spüren. Es ist das Buchwald'sche Besitztum. Frau Buchwald war im Krieg als Aushilfsangestellte bei der Stadtverwaltung tätig und durch die Ausgabe von Lebensmittelkarten und Bezugsscheinen für Textilien usw. eine gewichtige Persönlichkeit. -Nächst der Familie Buchwald wohnten in der "Villa" Familie Hampe und der Kraftfahrer Kott, im Seitenhaus Nelke und Nowak und im Hinterhaus nochmals ein Nelke und der Zimmermann Sperling nebst Familie. - Mitte der 30er Jahre hatte Herr Tschech mit seinem Obstgut etwas für unsere Gegend völlig Neues geschaffen. Es ist besonders bedauerlich, daß er die Früchte seiner Arbeit nicht mehr ernten konnte. Es kommen noch einige kleine Landwirtschaften, sogenannte Nebenerwerbsbetriebe. Sie seien nur namentlich aufgeführt: Strelczyk, Oriwol, Salamon. Das letzte Anwesen hatte noch das malerische Strohdach. Nun wieder eine Besonderheit: der Bauzug. Die zwei Häuser sollen s. Zt. beim Eisenbahnbau errichtet worden sein. Besitzer war Prinz Biron. Die Bewohner waren Gutsarbeiter bzw. -handwerker und Rentner. Namentlich bekannt sind: Krebs, Rentner; Witwe Plieschek und Familie; früherer Diener Kutza und der Gutsstellmacher Schepke mit Familie. Vorn am Bach stand das Haus des Maurers Kokott, das er mit der Familie des Sohnes Hans, der ebenfalls Maurer war, bewohnte. Wir stehen nun an der Ecke Weidenstraße, wo das Gehöft des Landwirts Josef Probos liegt. Die Ehefrau Helene wurde Opfer des Fliegerangriffs in Schweidnitz. Zur Familie gehörten vier Söhne und eine Tochter. Über der Straße liegt das Mietshaus Zech, das der Witwe Gertrud Zech gehört. Der einzige hoffnungsvolle Sohn Reinhard fiel 1943. Weitere Bewohner: Witwe Schwarze, Familie Reitzig, Witwe Kutza und die Familie des Dachdeckers Kroll. Den Abschluß bildet die Pioniertat des Autoreparaturuntemehmens Paul Malich, der durch seinen großzügigen Neubau mit Tankstelle einen Hauch der Neuzeit nach Groß-Wartenberg gebracht hat. Schnell einen Sprung zum Weidenweg, der recht für Romantiker und Melancholiker geeignet war. Wir stoßen auf den Landwirt Karl Sagrey, daneben das Haus des Rentners Smoly und der dritte im Bunde war Landwirt und Dachdecker Adolf Mundry. In der Ferne sieht man den Giebel des Anwesens derer von Spaniel, die dort ziemlich "sturmfrei" hausten. So, das wäre für heute genug! Bei Muttel Michalke ist heute Schweineschlachten. Ihre Wellwurst ist berühmt, und im molligen Federbett träumen wir von einem Groß-Wartenberg, das noch viel schöner hätte sein können, wenn ...

Erfrischt treten wir am nächsten Morgen die weitere Wanderung an. Gleich an der Ecke

Friedrichstraße

fangen wir rechts an. Da ist bis zum Ring nur ein Haus, das dem 1940 verstorbenen Malermeister Sperling gehörte. Erbin war die Tochter, Frau Westphal, Brieg.

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