Abb. 177
Joseph Franzkowski inmitten des Lehrerkollegiums v.l.n.r.: Lehrer Artelt, Hauptlehrer und Kantor Franzkowski, Lehrer Just, Kaplan Kowalski, Lehrer Exner, Rektor Pressler, Lehrer Paul.

Der Chronist des Kreises Groß Wartenberg Hauptlehrer und Kantor Joseph Franzkowski

Im "Heimatkalender 1931" für die Ostgrenzkreise Namslau, Groß Wartenberg und Oels brachte W. Radler eine Würdigung des Chronisten. Franzkowski war Ehrenvorsitzender des Bundes Heimattreuer Groß Wartenberger und konnte am 2 Februar 1930 seinen 80. Geburtstag feiern. Dies war damals Anlaß genug, des sehr verdienstvollen Mannes, dem wir in seiner Chronik des "landräthlichen Kreises Groß Wartenberg" eine noch heute fließende Quelle geschichtlicher Daten und übersichten verdanken, die allerdings nur in wenigen Exemplaren aus dem allgemeinen Verlust der letzten Kriegstage und der Flucht des Jahres 1945 gerettet werden konnte. Der Chronist Franzkowski verdient es, daß seiner auch heute noch gedacht wird. Vor über 40 Jahren schrieb W. Radler:

In Groß Wartenberg wurde Joseph Franzkowski am 2. Februar 1850 geboren. In der Kammerauer Vorstadt steht sein Vaterhaus:

"Wo's Städtlein dort zu Ende geht,
Der Weg sich nach St. Markus dreht ..."

zitierte er gern in Anlehnung an ein bekanntes Gedicht. An der Seite seines Vaters, der, ein gelernter Weber, das Amt eines Briefträgers in einem Bezirk versah, der die gesamte Umgebung Groß Wartenbergs bis nach Bralin umfaßte, durchstreifte der Knabe schon frühzeitig die Heimat, und seinem hellen Blick erschlossen sich schon damals ihre Schönheiten. Leider vermochten die Eltern, denen neben ihm noch weitere fünf Kinder heranwuchsen, ihrem begabten Sohne den Weg zu einem entsprechenden Beruf nicht zu ebnen. Da fand sich eine Gönnerin, die Gemahlin des Prinzen Biron von Curland, welche dem Jüngling den Besuch des Lehrerseminars zu Peiskretscham ermöglichte.
Im Jahre 1869 verließ der junge Lehrer mit der Note 1 das Seminar. Es begann nun für ihn die Adjuvanten(Hilfslehrer-)tätigkeit in Wallendorf, Czarnowanz und Bitschin. Nach bestandener Anstellungsprüfung war er zunächst Lehrer in Tost und wurde 1872 in seine Vaterstadt berufen. 1873 übernahm er auch das Kantorat und wurde in der Folgezeit 1. Lehrer. Den ehrenden Ruf als Lehrer an ein Seminar lehnte er ab, um nicht schon wieder Amt und Wohnort wechseln zu müssen, zutiefst wohl aber, um in der geliebten Heimat bleiben zu können.
Hier entfaltete Kantor Franzkowski nun eine segensreiche Tätigkeit in Schule, Kirche und Gemeinde. Wie nachhaltig gerade sein Wirken als Lehrer war, das bewiesen die zahlreichen oft rührenden Zeichen der Anhänglichkeit und Verehrung, die von Zeit zu Zeit zu ihm gelangten. Wirksam war an ihm neben seinem umfassenden Wissen und seinem eisernen Fleiße vor allem sein gutes Beispiel als Mensch, Christ und Bürger. Ein solch vorbildliches Wirken erhielt auch die Anerkennung der maßgebenden Stellen. Kantor Franzkowski wurde zum Hauptlehrer ernannt, war Mitglied der Prüfungskommission für die zweite Lehrerprüfung und erhielt staatliche und kirchliche Ordensauszeichnungen, 1913 auch das Ehrenbürgerrecht seiner Vaterstadt.
Weiteren Kreisen wurde Hauptlehrer Franzkowski durch seine heimatgeschichtlichen Arbeiten bekannt. In 30jähriger mühevoller Arbeit sammelte er umfangreiches Material und opferte seiner Lieblingsbeschäftigung fast seine gesamte Freizeit. Heimatliebe war auch hier wieder der eigentliche Beweggrund. "Die Erforschung der historischen Zustände meiner lieben Heimat galt mir neben meiner Berufsarbeit als eine angenehme Pflicht und das um so mehr in der überzeugung, dadurch meinen Landsleuten - Zeitgenossen wie Nachfahren - mich nützlich zu erweisen, durch dokumentsmäßige Darstellung der gewonnenen Ergebnisse das historische Interesse zu festigen, damit zugleich aber auch die Liebe zur Heimat wach und lebendig zu erhalten", schreibt er unter sein Bild in der "Geschichte der Pfarrei Goschütz". Als Mitglied des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens veröffentlichte er mehrfach heimatgeschichtliche Abhandlungen und schuf in den Jahren 1902 bis 1911 seine "Geschichte der Freien Standesherrschaft, der Stadt und des landräthlichen Kreises Groß Wartenberg".
Im Jahre 1920 trat Hauptlehrer Franzkowski in den Ruhestand. Zugleich traf ihn aber ein herber Schmerz, indem ihm seine treue Lebensgefährtin durch den Tod entrissen wurde. In solcher Trübsal war es ihm ein besonderer Trost, daß sein jüngster Sohn gerade in dieser Zeit als Pfarrer nach Goschütz berufen wurde.
Abb. 178
Blick auf die kath. Stadtpfarrkirche in Groß Wartenberg
Eine überaus treffende Würdigung seiner Verdienste um die Heimat findet sich in dem Glückwunschschreiben des Vorsitzenden des Vereins für Geschichte Schlesiens, Prof. Dr. Wendt, in dem es heißt: "Wir danken Ihnen als dem vorbildlich treuen Mann, der in fast fünf Jahrzehnten unseren Verein durch eigene Mitgliedschaft und durch eifrige Werbung gefördert und unsere Zeitschrift durch wertvolle Beiträge bereichert hat. Vor allem danken wir aber dem Heimatforscher, der mit ebenso vorbildlicher, opferwilliger Liebe zur Geschichtswissenschaft seit fast sechs Jahrzehnten in rastloser, jede Freizeit ausfüllender Arbeit von der eigenen Schule zur Vaterstadt, von dieser zur Standesherrschaft, zum Kreise Groß Wartenberg fortgeschritten ist. Dank Ihrem zielbewußten Streben nach Mehrung geschichtlicher Erkenntnis, nach vorurteilsfreier Auswertung aller Quellen der Vorzeit, das in ihrer grundlegenden Geschichte von Herrschaft, Stadt und Kreis Groß Wartenberg bleibende Frucht getragen hat, zählt Ihre engere Heimat jetzt zu den geschichtlich am besten durchforschten und bekannten Teilen Schlesiens. Gerade in diesem bedrohten Grenzgebiet kann die Heimatgeschichte ihren schönsten und höchsten Beruf, die Stärkung der Heimatliebe, aufs beste. erfüllen."
Bei ihm fand der Vater denn auch einen behaglichen Ruhesitz und zugleich erwünschte Gelegenheit zu weiterer Tätigkeit in der Ordnung und Sichtung des Goschützer Pfarrarchivs. Als Ergebnis dieser Arbeit entstand die "Geschichte der Pfarrei Goschütz". Das Werk befindet sich, im Umfange von 223 Seiten Großoktav von des greisen Forschers noch erstaunlich sicherer Hand geschrieben, im Goschützer Pfarrarchiv. Es reicht bis zum Jahre 1920 und findet seine Fortsetzung in der ebenfalls von Kantor Franzkowski angelegten und geführten "Chronik der Pfarrei Goschütz". Beide Werke sind Muster der Lokalgeschichtsschreibung...

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