Otto Emil Georg Detlev von Reinersdorff-Paczensky und Tenezin

Landrat des Kreises Groß Wartenberg von 1918-1944

Abb. 2
Landrat v. Reinersdorff
1918 wurde D. von Reinersdorff, nachdem er bis dahin seinem Vaterland mit der Waffe in der Hand gedient hatte, zum Landrat unseres Kreises berufen. Als er den Kreis übernahm, war Preußen noch eine Monarchie, und er wurde infolgedessen Königlich Preußischer Landrat. Landrat war eine der angesehensten und begehrtesten Stellungen in Preußen und es zeugt von der Tüchtigkeit von Reinersdorffs und der Weitsicht der Regierung, ihn berufen zu haben. Es war Krieg, und es war Notzeit. Zu den Aufgaben des Landrats gehörte es, der Bevölkerung Opfer, die zur Weiterführung des Krieges notwendig waren, aufzuerlegen. Keine leichte Sache und kein angenehmer Auftakt zu seinem neuen Amt. Und dann kam die Revolution von 1918, und das traurige Ende des Krieges.
Die Teilung des Kreises war nicht zu verhindern. Die wurde in Versailles dekretiert. Unser Landrat war verzweifelt. Er versuchte das Mögliche und Unmögliche, um die Abtretung des Ostteils des Kreises mit Bralin und Tscheschen zu verhindern, und nach der Abtretung, um sie rückgängig zu machen. Er verstand die Empörung im Kreise, die überall aufflackerte und bemühte sich gleichzeitig um Beschwichtigung, wenn sich die Unruhe in gefährlicher Weise Luft machte. Einen einzigartigen Erfolg konnte er erzielen:
Abb. 3
Groß Wartenberg, Ring mit Rathaus und Schloß
Die Dörfer Schleise und Kunzendorf, die von der Entente Polen zugesprochen und von den Polen schon besetzt waren, kamen wieder zu Deutschland zurück. Dem Landrat gelang es die Verwaltung des Kreises intakt und ohne Erschütterung durch diese chaotische Zeit zu führen. Sobald die wirtschaftlichen Verhältnisse sich etwas konsolidiert hatten, war es sein Bemühen, die durch Krieg und die Grenzziehung geschlagenen Wunden zu heilen. Ihm verdankte man einen leichten wirtschaftlichen Aufstieg im Kreisgebiet. Aber es war eine Zeit, die für einen Mann wie unseren Landrat große seelische Belastungen brachte.

Eine andere Auffassung vom Beamten hatte Platz gegriffen. Er sollte jetzt nur noch ausführendes Organ seiner vorgesetzten Behörde sein. Für ihn blieb jedoch Recht und Christentum die Grundlage des Staates. Voll Sorge blickte er in die Zukunft, und, wie recht er hatte, sollte der Zweite Weltkrieg und sein Ausgang beweisen. Im Jahre 1944 wurde er 65 Jahre alt, und, da die nationalsozialistischen Machthaber in ihm keinen der Ihren wußten, benutzten sie die Gelegenheit, um ihn zu pensionieren. Die Pensionierung war still, kaum bemerkt, vor sich gegangen. Dann kam die Vertreibung. Der Landrat mußte, wie seine Landsleute, seine geliebte Heimat verlassen. Wenn er nicht verzagte, wenn er sich nicht verlassen fühlte, dann deshalb, weil er Gott vertraute. Detlev von Reinersdorff war ein Sohn seiner evangelischen Kirche, und ein Christ mit einem ganz einfachen, unverbildeten und starken Glauben. Der Glaube gab ihm die innere Festigkeit, die Sicherheit und die Ruhe, die von ihm ausstrahlten.

Detlev von Reinersdorff war verheiratet mit Gräfin Huberta von Maltzan, aus Militsch, mit der er eine vorbildliche Ehe führte. Die zwei ältesten hoffnungsvollen Söhne sind im Kriege gefallen. Nach dem Kriege verheiratete sich die einzige Tochter und zog mit ihrem Mann nach Australien. Für den Vater war es eine schmerzliche Trennung von der geliebten Tochter. Der jetzt älteste Sohn ist in München im Autohandel tätig, der jüngste arbeitet im Bankfach. Unermüdlich und bis zum letzten Atemzug setzte sich der Landrat für seine Heimat ein. Ihm haben es die Groß Wartenberger zu verdanken, daß sie alle zwei Jahre in Rinteln zusammenkommen können und dort eine Art zweiter Heimat gefunden haben. Er hat an sämtlichen Treffen in Rinteln teilgenommen, zuletzt noch am 1.10.1972. Er wird von uns dort, wann immer wir zusammenkommen, schmerzlich vermißt werden. Er starb am 14.1.1973 im 94.Lebensjahr in Bad Hornburg v. d. H.

Detlev von Reinersdorff hat sich um den Kreis Groß Wartenberg und seine Menschen verdient gemacht. Wir werden ihn nicht vergessen!

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