Die junge Familie Carl J. F. Fischer

Zusammengetragen von Josef Fischer-Bernard

Zu dieser Zeit, am 15. August 1839, wurde den im Jahre 1838 in der Godehardikirche in Hildesheim getrauten Carl Joseph Ferdinand Fischer und Marie Wilhelmine geborene Schröder in Polnisch Wartenberg (später Groß Wartenberg) das erste Kind geboren, das den Namen Carl Ludwig Joseph erhielt, Carl Joseph nach seinem Vater und Ludwig nach seiner Patin Ludowyka Dirbach.

            Die Eltern wohnten zu dieser Zeit in dem Kienastschen Haus und zogen danach in das Haus des Schuhmachers Leider in der Schulgasse.

            Am 12. Oktober 1840 wurde Carl Joseph F. Fischer und Marie Wilhelmine ein zweiter Sohn geboren und am 1. November auf den Namen Ludwig Maximilian getauft. Ludwig erhielt den Namen nach der Taufpatin Ludowyka Dirbach, daneben war Michael Gorisch Taufpate. Der Junge wurde später Louis genannt.

            Im Jahre 1840 stiftete der Prinz Biron als Patron der katholischen Kirche eine neue Orgel.

            Die Familie zog im Jahre 1841 in das Haus des Schuhmachers Treu in der Gartenstraße. Dort wohnten sie elf Jahre lang. Carl Ludwig Joseph Fischer schrieb später:

„... dort wohnten wir 11 Jahre, wo ich mit meinem Bruder Louis die schöne Kinderzeit verbrachte. In dem Hause wohnten ein Stellmacher Wandel, ein Schuhmacher Treu, ein Glaser Armer und mein Vater der Buchbinder Fischer. Dieses Wortspiel

„Armer – Fischer – Wandel – Treu !“  wurde in unserer Familie stets hoch gehalten.“

            Am 7. April 1842 wurde als drittes Kind August Emanuel geboren, am 17. April wurde er getauft. Am 18. November wurde als viertes Kind Maria Ludowyka Auguste geboren. So groß die Freude über die beiden zuletzt geborenen auch war, sie starben Ende 1843 bzw. Anfang 1844 und wurden auf dem alten, jetzt eingeebneten Friedhof an der Himmelstaler Chaussee beerdigt. Karl Maria und Hubert haben die Gräber noch vor der Einebnung besucht.

            Carl Ludwig J. war ein schwächliches Kind. Die Brüder spielten häufig draußen an dem mit Kastanien bepflanzten späteren Kastanienwall. Auch Marie Wilhelmines Gesundheit hatte nach den Geburten und besonders nach dem Tode ihrer beiden Kinder August und Maria besonders gelitten.

            Im Sommer 1844 drängte es Marie Wilhelmine, ihre Heimat zu besuchen, und so fuhr sie mit ihrem beiden Söhnen mit einer Postkutsche nach Hildesheim. Carl Ludwig J. war fünf Jahre, Louis noch nicht 4 Jahre alt. Allein die Hinreise dauerte sechs Tage lang.

Marie Wilhelmine schrieb von der Reise folgenden Brief nach Hause:

Hildesheim, den 27. Juli 1844

Liebwertester Carl!

Den Sonntag trauf, da von Haus abfuhr, kam ich mit meinen zwei Knaben hier gesund an, bloß ich war ser schwach, denn die Reise hat mich ser angegriffen, am Freitag als den 2. August werde ich morgens 6 Uhr von hier abfahren in einem Omtiwus, die Tante wird mich begleiten, und um das ich in Hannover mich auch mal besehn sollte, von da werden wir nach Braunschweis fahren und Wolfenbüttel, und am Sonnabend in Dreßen zu übernachten. Und da ich mich in Dreßen einen halben Tag aufhalten wollte um mich etwas zu besehn so werde ich am Montag in Gerlitz sein so das ich am Dienstag in Lignitz ankomme und Mittwoch Breslau, und in der Hoffnung Dich zu treffen, wo wir uns dann viel neues erzählen werden. Lieber Carl, ich bin recht froh, dass ich mich wieder recht erhohlt habe um die Reise wieder antreten zu können. Grüße meine Freundin Nachbarin, noch viele Grüße von Tante und Lehne so auch Glücks lassen Dich herzlich grüßen. So schließ ich in der guten Hoffnung uns gesund nun balt wieder zu sehen. So verbleibe ich Deine Dich liebende Maria Fischer.

Carl J. F. Fischer hatte seine Frau wie vereinbart in Breslau abgeholt und glücklich wieder nach Wartenberg gebracht.

Schütze
1845 Carl Joseph Ferdinand Fischer als Schütze in Groß Wartenberg
Fischergarten
Fischergarten

Im Jahre 1845 starb Marie Wilhelmines Tante Katharina in Hildesheim. Die Tante hatte an Marie W. und  ihren Ehemann Carl J. F. Fischer zur Existenz-gründung einen Kredit in Höhe von 150 Reichsmark in Gold gewährt, welchen sie nun testamentarisch erließ.

Daneben vererbte die Tante an Marie Wilhelmine einen Betrag von 125 Reichsthaler in Gold und 2 Reichsthaler Courant, wovon Marie Wilhelmine für die Kinder Carl Ludwig J.  und Ludwig Maximilian im August 1845 für 140 Thaler einen Garten am Wall kaufte.

130 Thaler zu 5 % Zinsen sind für die beiden Söhne als Sicherheit in das Grundbuch auf den Wallgarten eingetragen worden. Schuldner gegenüber den Kindern war deren Mutter. Die beiden Brüder Carl und Ludwig blieben als Hypothekengläubiger gegenüber dem jeweiligen Besitzer des Gartens eingetragen.

Der Pfarrer von Polnisch Wartenberg holte Carl J. F. Fischer in den Kirchenvorstand.

In den Akten des Generalvikariats findet sich folgende Notiz:

  108 Copia ad Nr. 95553 Get de pr 13/48

                                                                 10

Expediantur für die nachstehend benannten 8 Personen die Anstellungsdecrete als Kirchen-Vorsteher und zwar

a.                 bei der kath. Stadtpfarrkirche zu Polnisch Wartenberg

1.  für den Thierarzt Herrn Trespe daselbst

2.  für den Buchbinder Herrn Fischer daselbst    ...

Breslau, den 19. October 1848

Fürstbischöfliches General-Vicariats-Amt.

Von seiten des Patronates der katholischen Kirche zu Polnisch Wartenberg ist nichts gegen die Bestellung

1. des Thierarztes

2. des Buchbinders Fischer

als Kirchenvorsteher an hiesiger katholischer Kirche zu erinnern.

Wartenberg, den 11. October 1848

Locus sigilli: Fürstl. Biron Curländisches Rentamt.

Unterschriften

Am 21. April 1849 wurde Mathilde Marie Hermine (genannt Hermine) geboren. Die Familie verbringt in dieser Zeit ihre wohl schönsten Tage: Drei muntere und gesunde Kinder spielen im Haus, im Garten und um die Eltern herum. Der Dienst des Vaters wechselt zwischen Buchbinder-Werkstatt und Glöckner- oder Kirchenvorsteher.

Tante Emilie (Ehefrau des Konditors Hübner) schreibt:

  „Ist er mal durch Krankheit an Ausübung seiner Glöcknerpflicht verhindert, so geht seine Frau Marie während des Gottesdienstes mit dem Klingelbeutel, ja sie scheut sich auch nicht die kleine Glocke zu läuten.“

Da Carl J. F. Fischer häufig kränkelte, nahm er frühzeitig seinen Sohn Carl Ludwig J. als Hilfe. Im Jahre 1853 war Carl Ludwig J. 14 Jahre alt und sein Vater nahm ihn als Lehrling in seine Werkstatt. Seinen zweiten Sohn, Ludwig Maximilian schickte der Vater 1854 auf das Matthiasgymnasium.

Im Jahre 1856 starb der bisherige Glöckner an der katholischen Kirche. Auf ausdrücklichen Wunsch des Pfarrers Kupietz wurde Carl J. F. Fischer zum Glöckner bestellt.

...unter der Bedingung, dass das Einkommen dieses Postens bis zum 1. Januar 1857 noch ganz der Witwe seines Vorgängers verbleibt. Eine Vocation wird dem p.Fischer vorläufig nicht erteilt, sondern derselbe wird hier im Rentamte in einer besonderen Verhandlung zur Erfüllung seiner Amtsfunctionen verpflichtet werden.

Polnisch Wartenberg, den 19. October 1856

Fürstliches Rentamt, gez. David

An den katholischen Pfarrer Herrn Kupietz, Hochehrwürden, Hier.“

Als Carl J. F. Fischer den Glöcknerdienst in Groß Wartenberg übernommen hatte, zog die Familie in das Kichenoffiziantenhaus, in dem bis zur Errichtung des katholischen Schulhauses im Jahre 1856 auch der Schulunterricht abgehalten wurde.

Alte Schule
Alte Schule

Bei einem Besuch im Jahre 2001 entstand folgende aktuelle Aufnahme des Wohnhauses „Alte Schule“/ Offiziantenhaus:

Im Januar 1864 hatte Carl J. F. Fischer in seiner Eigenschaft als Kirchenvorsteher an dem nach Dreikönig stattfindenden Neujahrsumgang (Collende) teilgenommen und sich dabei in Langendorf eine schwere Erkältung zugezogen.

            Sein Sohn Carl Ludwig J. Fischer, der inzwischen in Hildesheim arbeitet, erreicht am 24. Januar 1864 die traurige Nachricht, dass sein Vater schwer erkrankt sei. Sofort verließ er Hildesheim mit einer Postkutsche, musste auch verschiedene Strecken zu Fuß zurücklegen, traf aber seinen Vater Carl J. F. Fischer nicht mehr lebend an. Sein Vater hatte am 25. Januar 1864 einen Gehirnschlag erlitten.

Strichzeichnung
Federzeichnung der Alten Schule in Groß Wartenberg, Erwin Hübner 1923

Der Kantor Franzkowski schreibt an Karl Maria Fischer folgendes:

„Des Großvaters Begräbnis, über welches mir auf meinem Krankenbett berichtet wurde, war aufs feierlichste ausgestaltet. Nach der Überführung in die Kirche feierliches Requiem mit Conduct, dann unter großer Beteiligung zum städtischen Friedhofe ... Der Heimgang Ihres Großvaters wurde von der ganzen Pfarrgemeinde sehr bedauert, am meisten aber beklagte ihn der Pfarrer, der seinen musterhaften Sacristan und braven Parochian nicht genug nach Jahren noch zu loben wußte.

Schon ehe Ihr Großvater das Küster- und Glöckneramt bekleidete, war er Mitglied des „Kirchenkollegiums“, ehemals derjenigen Körperschaft, welcher bis zur Emanation des kirchlichen Vermögens-Verwaltungs-Gesetzes vom 20. Juni 1875 die Verwaltung des kirchlichen Vermögens oblag. Das Kirchenkollegium bestand aus 3 Personen: dem Pfarrer und 2 Kirchenvorstehern. Letzere beiden wurden aus der Zahl der vom Pfarrer dem Kirchenpatron vorgeschlagenen dazu geeigneten Parochianen gewählt und vom Bischof bestätigt. Die Kirchenvorsteher mußten in jeder Beziehung tadellose Männer, vor allem mustergültige Katholiken sein.

Ihr Fischergroßvater war, was Sie ja selbst schon wissen, auch Mitglied der Schützengilde. Er gehörte zur Artillerie, welche die Wartenberger Kanonen zu betreuen hatte. In seiner Uniform steht sein Bild noch deutlich vor mir im Gedächtnis: Doppelmaster mit Federbusch, Waffenrock mit Leibgurt, Riemenzeug, Schleppsäbel.

Die Fischersche Buchbinderei, meines Wissens die damals bedeutendste am Orte, befand sich Wilhelmstraße im Oberstock des jetzt Malermeister Ibsch`schen Hauses, befaßte sich hauptsächlich mit dem Vertrieb kath. Gebet- und Gesangbücher, kath. Schulbücher etc. und beschäftigte immer noch einen Gesellen. Nach des Großvaters Tode führte sie der von der Wanderschaft, zuletzt von Frankfurt a.O. heimgekehrte Sohn Carl weiter. Ihr Vaters Bruder Louis Fischer, an den ich mich dunkel nur erinnere, war Postexpediteur hier in Goschütz.  ...“

Carl Ludwig J. Fischer übernahm also nach dem Tode seines Vaters die Buchbinderei in Groß Wartenberg.

Die Mutter erhielt keine Pension. Vermögen war auch nicht vorhanden. Aus der alten Wohnung im Hause des Malermeisters Ibsch zog Carl Ludwig J. Fischer nun mit seiner Mutter und seiner Schwester in das Offiziantenhaus, nachdem er an seines Vaters Stelle auch die Glöcknerstelle übernommen hatte. So sorgte er jetzt für Mutter und Schwester.



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