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B. Die im Groß Wartenberger Kreise gelegenen, zum Archipresbyterat Militsch gehörigen Parochien

1. Die Parochie Festenberg
In der Urkunde Herzogs Heinrich von Glogau vom 1. August 1293, laut welcher er Festenberg behufs Aussetzung zu deutschem Recht verkauft, ist von einer Kirche keine Rede. Die Errichtung einer besonderen Parochie Festenberg war wohl wegen der schon bestehenden nahen Pfarrkirche zu Goschütz unterblieben und erübrigte sich in der Folgezeit auch deshalb, weil Festenberg trotz des herzogl. Pivilegs von 1293 als deutsche Stadt nicht emporkommen wollte. So finden wir es erklärlich, daß Festenberg bis zur Einführung des Protestantismus nach Goschütz eingepfarrt war und bis zum Ausgang des 16. Jahrhunderts auch kein eigenes Gotteshaus besaß, welche Tatsache wir in dem Bericht über die im Jahre 1651 ausgeführte Archidiakonal-Visitation bestätigt finden, indem es dort heißt, daß zur Parochie Goschütz ehedem von altersher auch Festenberg gehörte, wo vor 40 Jahren die Lutheraner eine Kirche erbaut haben. Die wenigen Katholiken, die nach Errichtung des Festenberger evangelischen Pfarrsystems zu Festenberg gewesen sein mögen, unterstanden gemäß dem bis 1758 geltenden Pfarrzwange (nexus parochialis) dem dortigen evangelischen Pfarrer. Ein amtlicher Bericht aus dem Jahre 1758 gibt unter den 311 Einwohnern Festenbergs vier possessionierte katholische Bürger und einen unpossessionierten katholischen Inwohner an. Seit Aufhebung des Pfarrzwanges waren die Festenberger Katholiken wieder der Goschützer Pfarrkirche zugewiesen. 1845 wird ihre Zahl auf 180 angegeben. Bei der jährlich zunehmenden Seelenzahl (sie war auf über 300 gestiegen) stellte sich das Bedürfnis der Errichtung einer eigenen Seelsorgsstation immer mehr heraus. Die erste Anregung zur Errichtung derselben gab Stadtpfarrer Kupietz-Wartenberg, der auf seinen Verwandten, den zuständigen Erzpriester Gogol-Frauenwaldau einwirkte. 1863 gelang es einem andern Verwandten desselben, dem Kaufmann Albert Totzki-Festenberg, das Haus, Nr. 129 (das jetzige Pfarrhaus) für den Bischöflichen Stuhl zu Breslau käuflich zu erwerben. Fürstbischof Heinrich übernahm auch die Verpflichtung zur Unterhaltung des Geistlichen unter der Bedingung, daß die Gemeinde für Herstellung und Einrichtung des gottesdienstlichen Lokals Sorge trage. Die Gemeinde konnte auf dieses hochherzige Anerbieten um so bereitwilliger eingehen, als ihr für diesen Zweck vom Bonifaziusverein eine einmalige Unterstützung von 200 Tal. zugesagt wurde. 1864 erfolgte der Umbau des Hauses Nr. 129 und darin die Einrichtung des gottesdienstlichen Lokals. Unterm 13. Oktober 1865 wurde der bisherige Kaplan Robert Letzel in Reichenstein zum Seelsorger der neuerrichteten Kuratie Festenberg berufen. Er war geboren 18. Mai 1830 zu Neurode, Priester seit 28. Juni 1856, darauf zunächst Vertreter in Rengersdorf bei Glatz, dann seit Juli 1857 Kaplan in Wansen, seit Oktober 1860 in Reichenstein. Am 11. November 1865 traf er in Festenberg ein. Donnerstag 16. November benedizierte Erzpriester Gogol unter Assistenz von sieben geistlichen Herren die gottesdienstlichen Räume und zelebrierte nach einer gehaltvollen Rede ein feierliches Hochamt. Es war dies der erste öffentliche katholische Gottesdienst in Festenberg. Gar bald genügte nicht mehr das Bethaus dem Bedürfnisse und eifervoll betrieb Kuratus Letzel den Bau einer Kirche, welche denn auch auf den dazu erworbenen Grundstücken Nr. 130 und 131 in den Jahren 1868 und 1869 entstand. Am 27. Juli 1868 war feierliche Grundsteinlegung durch Erzpriester Gogol und am 9. November 1869 konsekrierte Weihbischof Adrian Wlodarski, da Fürstbischof Heinrich verhindert war, die fertiggestellte Kirche unter Assistenz von zwölf Priestern. Die Mittel zum Bau hatte Kuratus Letzel (wie er selbst berichtet) durch "Bettelei" zusammengebracht. Kaufmann Totzki war ihm ein allzeit bereiter, treu bewährter Helfer und Berater. Nach glücklicher Vollendung des Kirchbaues ging des frommen Seelsorgers Streben dahin, auch die Herzen zu erneuern. Als bestes Mittel dazu betrachtete er eine Mission, die er im Mai 1870 durch P. Harder S. J. aus Neisse halten ließ. - Die Kirche hatte noch keine Glocken. Als nach Beendigung des deutsch-französischen Krieges erbeutete Kanonen an arme Kirchen geschenkt wurden, um Glocken daraus zu gießen, wandte sich der Kirchenvorstand an des Kaisers Majestät und erhielt 15 Zentner Kanonengut. Es wurde demnächst der Guß von drei Glocken dem Glockengießer Geittner-Breslau für den Preis von 315 Talern (welche Summe ebenfalls durch freiwillige Spenden zusammengebracht war) übertragen. Am Feste Mariä Geburt 1872 wurden die Glocken zum erstenmal zum Gottesdienst geläutet. In den folgenden Jahren tat der nimmermüde Kuratus mit Hilfe braver Kirchkinder und unter mancherlei persönlichen Opfern noch viel für die innere würdige Ausstattung des Gotteshauses.
Durch Urkunde vom 8. August 1883 ist die bisherige Kuratie Festenberg zur Pfarrei erhoben worden. Außer Alt Festenberg wurden noch eingepfarrt: Klein Gahle und Muschlitz, bisher zu Goschütz gehörig; Groß Graben, bisher Gastgemeinde von Frauenwaldau; Klein und Groß Schönwald mit Dombrowe, bisher zu Rudelsdorf gehörig. Die Parochie zählt nach der jüngsten Aufnahme 916 Seelen. - Pfarrer Letzel, von 1895-1900 Erzpriester des Militscher Archipresbyterats, beging 1906 in stiller Zurückgezogenheit sein goldenes Priesterjubiläum, bei welcher Veranlassung er mit dem Titel "Geistlicher Rat" ausgezeichnet wurde. Wohlvorbereitet durch ein heiligmäßiges, apostolisch einfaches Leben starb der allgemein beliebte Priester ganz unerwartet am Abend des 4. Januar 1907 während einer Operation (eingeklemmter Bruch), nachdem er am Morgen noch zum hl. Meßopfer sich anschickte. Die vorläufige Beisetzung seiner irdischen Hülle geschah am 8. Januar auf dem Friedhofe, die Ueberführung nach der inzwischen in der Pfarrkirche vor dem Hochaltar errichteten massiven Gruft am 5. September desselben Jahres. Bis zur definitiven Besetzung des Pfarramtes wirkten nacheinander die Administratoren Adolf Pitynek bis Ende Oktober 1907 und Reinhold Schneider bis Ende Juni 1908. Unterm 1. Mai 1908 wurde von Sr. Eminenz Kardinal Georg Kopp der bisherige Oberkaplan Joseph Schneider zu Deutsch Wilmersdorf bei Berlin (geb. 9. April 1876 zu Breslau, ord. 23. Juni 1902) als Pfarrer nach Festenberg berufen. Am 9. Juli 1908 fand die feierliche Einführung des neuen Pfarrers statt. Zur Sicherung einer erzsprießlichen Wirksamkeit ebnete der Pfarrer sein ihm überwiesenes Arbeitsfeld durch eine vom heilsamsten Erfolge begleitete Mission, welche er in der Woche vom 30. Mai bis 6. Juni 1909 durch die Franziskanerpatres Honoratus und Johannes halten ließ. Der katholische Begräbnisplatz ist durch Kollektengelder schon vor Errichtung der Kuratie angekauft und durch Kaufmann Totzki auf eigene Kosten planiert und umzäunt worden. Am 5. März 1866 fand durch Erzpriester Gogol die Weihe des Friedhofskreuzes statt.
Es bestehen in der Parochie folgende Vereine:
1. der Rosenkranzverein, von Letzel ins Leben gerufen;
2. der katholische Volksverein, am 15. November 1903 durch Privatsekretär Thiel gegründet;
3. der Jugendverein, am 16. Juni 1907 durch Pfarradministrator Pitynek gegründet;
4. der katholische Arbeiterverein, am 12. Januar 1908 durch Pfarradministrator R. Schneider gegründet;
5. die Herz-Jesu-Bruderschaft, am 10. Juni 1909 durch Pfarrer Schneider mit bischöflicher Erlaubnis eingeführt, nachdem in Rom der Anschluß an die Erzbruderschaft durch Urkunde vom 7. Januar 1909 erwirkt war;
6. der St. Vincenzverein (Frauenkonferenz) durch Pfarrer Schneider am 18. Juli 1909 begründet. (Präs. Frau Direktor Gläsner).

Schule. Die Munifizenz des Fürstbischofs, Kardinal Melchior Freiherrn von Diepenbrock ermöglichte die Eröffnung einer katholischen Schule am 4. Februar 1852 für Festenberg, Alt Festenberg und Klein Gahle. Sie befand sich in einem gemieteten Lokale. 1855 wurde sie in das für 200 Taler erkaufte Haus Nr. 155b verlegt, 1857 "nach unendlich vielen Klagen und Petitionen" von der Stadtgemeinde übernommen und zur öffentlichen Schule erklärt. Da das Gebäude als Schulhaus nicht geeignet war, wurde 1868 das jetzige, neben der Kirche belegene Haus Nr. 132 von der Kommune für 900 Taler käuflich erworben (wozu eine von der Bischöflichen Behörde bewilligte Kirchenkollekte 333 Taler einbrachte), dahin die Schule verlegt und dort auch die Lehrerwohnung eingerichtet. 1905 wurde eine zweite Lehrkraft angestellt. Lehrer bezw. Organisten waren: Eduard Schleicher (1852-56); Robert Mähr bis 1858; Aloys Chrobog bis 1884; August Geppert bis 1888; Otto Borkert bis 1890; Alfred Riedel bis 1896; Franz Reichel bis 1907; Martin Kern seit 1. April 1907. Mit der ersten Lehrerstelle ist das Organistenamt an der Pfarrkirche verbunden. In einer vom Kgl. Landrat am 12. August 1907 abgehaltenen Versammlung beschlossen die katholischen Hausväter auf dem bisherigen Schulgrundstücke unter Hinzunahme eines Teils des Kirch- bezw. Pfarrgartens ein neues Klassenhaus für zwei Lehrzimmer zu erbauen und das bisherige Schulhaus zu Lehrerwohnungen einzurichten. Das der Stadtgemeinde gehörige Schulgrundstück ist seitens der städtischen Körperschaften zum Preise von 9.000 Mark dem katholischen Gesamtschulverbande am 21. Februar 1908 abgetreten und am 28. September 1910 an diesen aufgelassen worden. Der auf 13.450 Mark veranschlagte Neu- bezw. Umbau der katholischen Schulgebäude wurde 1910 ausgeführt und am 1.April 1911 in Benutzung genommen. Die Schule besuchen gegenwärtig 130 Schüler. (3 Klassen).

Die Filialkirche zu Groß Schönwald
Sie war ursprünglich Pfarrkirche und ist als solche erwiesen durch die Urkunde vom 14. Januar 1376, welche in der sedes Warthinbergensis die Pfarrkirche zu Schonewalt nennt. Infolge der Glaubensspaltung des 16. Jahrhunderts teilte sie gleiches Schicksal mit den übrigen Landkirchen der Standesherrschaft. - Nachdem die 1654 dem katholischen Kult zurückgegeben war, finden wir dieselbe der Rudelsdorfer Pfarrkirche adjungiert. Das Archidiakonal-Visitationsprotokoll vom Jahre 1666 entwirft ein sehr trauriges Bild über die Schönwalder Kirche. Sie stand unter dem Titel der Apostel Petrus und Paulus; Kirchweih wurde am Sonntag nach dem 29. Juni gefeiert. Das Kirchengebäude war ganz aus Holz, völlig verwahrlost, dem Untergange nahe, ohne alle Paramente. Im Kirchturme hingen zwei Glocken, der Kirchhof war ohne Zaun, Kirchenvorsteher gab es nicht. Den Kirchgarten nutzte der Dorfschmied, welcher dafür 4 Rtl. jährlich an die Gutsherrschaft entrichtete, während der Schulze für die halbe Kirchhube, die er hielt gar nichts zahlte, Pfarracker war nicht mehr vorhanden, war also eingezogen worden. Die ihm zustehenden Leistungen erhielt der Pfarrer von den durchweg akatholischen Parochianen nicht. Ehemals bekam der Pfarrer den Feldzehnten. Für den Ausfall wurden ihm jetzt im ganzen 10 Rtl. gegeben, während vor ihm der evangelische Geistliche doppelt so viel erhalten hatte. Als Kirchschreiber fungierte der von Rudelsdorf, welcher von Schönwald nichts bezog. Wann der Titel der Kirche in St. Aegidius umgewandelt worden, hat sich nicht ermitteln lassen; wahrscheinlich geschah dies gelegentlich eines Umbaues. Nach einer Urkunde vom 20. Juni 1796 war wieder eine Pfarrwidmut (richtiger Widmutsrest) vorhanden, welche damals Pfarrer Josch für jährlich 4 Rtl. dem Dominium verpachtete. 1859 gibt Pfarrer Krause an, daß sie in ungefähr 8 Morgen Acker und 16 Morgen schlecht bestandenen Kiefernwaldes bestehe. Während bis zur Errichtung der Seelsorgstelle in Festenberg regelmäßig allmonatlich einmal zu Schönwald sonntäglich Gottesdienst stattfand, wird seitdem inanbetracht der wenigen Katholiken und der Nähe von Festenberg nur einmal im Jahr und zwar am Sonntag nach Aegidii daselbst feierlicher Gottesdienst gehalten. Bei Erhebung der Kuratie Festenberg zur Pfarrei geschah auch die Umpfarrung Schönwalds nach Festenberg und auf Verfügung des Bischöflichen Amtes vom 17. Januar 1884 die Uebergabe der Kirche nebst Zubehör am 11. Februar desselben Jahres an Pfarrer Letzel. Unterm 1. Oktober 1885 wurde der Pfarracker und Pfarrwald von Schönwald für 3 000 Mark an die Herrschaft Goschütz verkauft.
Das Patronat übt die Gutsherrschaft, gegenwärtig der Freie Standesherr Graf Reichenbach-Goschütz.

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